23.01.2024

Briefe



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ID: 22686
Geschrieben am: Freitag 13.07.1877
 

Juli 77
Liebste Clara,
Also nochmals besten Dank für den gar lieben Brief. Daß die Chaconne denn nicht ein kindischer Einfall war u. Dir Freude gemacht u. alles mögliche freut mich sehr. Groth u. gar Marmorito thun mir sehr leid. Aber hast Du Dir Heyses fortdauerndes riesiges Unglück erzählen laßen?
Doch ich habe zu nichts Zeit.
Ich bin Härtels schon lange einen Brief schuldig – nun wollte ich Dir wieder über die Sache schreiben – es kommt nichts dabei heraus. Ich bitte nur daß Du weder nach England noch an H. Bestimmtes schreibst. Laße Alles ungewiß u. halte Dich frei!
Ich aber bin so frech u. frei u. schreibe Heute noch beiläufig Folgendes an H. Gefällt Dir’s nicht, so kannst Du mich heruntermachen u. ihnen schreiben daß es Dich nichts anginge u. Dir nicht recht wäre |2|
– – „Ueber die Schumannsche Angelegenheit weiß ich mich nicht weiter zu äußern, wenn ich es nicht etwa ganz freimüthig thun wollte – u. Sie vielleicht verletzen.
Das englische Intermezzo ist durch ein einfaches Angebot entstanden. Frau Sch. hat alle Ursache auf ein solches zu achten. Nun verstehe ich durchaus nicht, warum Sie nicht ebenso einfach auch durch ein Angebot jenes aus der Welt schaffen?
Ich u. mit mir Viele wünschen herzlich es möchten in einer deutschen Ausgabe der Sch’schen Werke die beiden Namen R. u. Cl. vereinigt sein. Die Verehrung die man dem – Paare zollt, kann sich nur immer u. immer noch steigern. ┌ihren Namen nur inniger verbinden.┐ So schön wie im Leben waren sie auch in der Kunst vereint, hier wie dort sollte durch ein äußeres Zeichen der edle Bund geweiht sein.
Ich brauche einem Verleger nicht auseinanderzusetzen wie <gar[?]> gern Jeder, namentlich die Claviersachen u. Lieder in solcher Ausgabe |3| besitzen wird. Es ist das ein Vortheil u. ein schönster Schmuck wie Sie ihn bei keines Andern Werke haben können.
Der Engländer nun hat, ohne den alleinigen Besitz des Namens zu beanspruchen für die Cl-Sachen allein 1 000 geboten. Rechne ich nun die Lieder u. alles Uebrige hinzu so kommen mir 3 000 zunächst bescheiden vor. Sie riskiren im Allgemeinen bei derartigen Unternehmungen; <bei Sch’s Werken thaten Sie es zu Ihrem Vortheil>; bei dieser <Ausgabe> aber bestreite ich daß Sie riskiren. Kein andrer Verleger kann sich den Schmuck jener beiden vereinigten Namen aneignen. Alle Welt aber wird immer mehr Liebe u. <Pietät>┌Verehrung┐ Beiden gemeinsam widmen – ich mag dazu keine geschäftlichen Betrachtungen machen.
Sie kennen Frau Sch’s Zartheit in Geldsachen, Sie kennen auch <I> ihre Verhältniße, die ihr jene wichtig machen. Wollen Sie nun wie Frau Sch. schweigen, so ist allerdings nicht abzusehn was aus der Sache werden soll.
Außer Ihnen gäbe es <nun> vielleicht noch |4| 2 deutsche Verleger die ich in Frage kommen laßen möchte. Das muß ich aber bekennen, sollte ein ungefähr angemessener Vortheil für Fr. Sch. auch nur zweifelhaft sein – ich thäte Alles sie zu veranlassen die gedachte Ausgabe (namentlich der Cl-Sachen u. der Lieder) in Paris, London, Petersburg erscheinen zu laßen u. damit den Deutschen ein Denkmal zu setzen, wie sie es hier, wie sie es oft genug an ihren großen Männern verdient haben.
Daß ich, ohne irgend welche Nebengedanken, mich für dies Unternehmen Ihnen u. Fr. Sch. <zu> durchaus zur Verfügung stelle, sage ich nebenbei.
Fr. Sch. weiß von diesem Schreiben nichts, ich theile ihr aber Heute noch <den Inhalt> mit, was ich mir ihr u. Ihnen gegenüber herausgenommen habe. Sie Beide bitte ich dann herzlich, mir alles Mögliche zu verzeihen was dessen bedürfen möchte.
So ungefähr will ich doch jetzt gleich abschreiben. Dich geht’s also eigentlich nichts an – aber übereile nichts u. laß mich durch ein Wort wißen ob Du böse bist – <aber> Hätte ich aber erst wieder gefragt – es kommt nie zu Ende.
Für Heute aber
allerherzlichst
Dein
Joh.

  Absender: Brahms, Johannes (246)
  Absendeort: Pörtschach
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
Empfangsort: Düsseldorf
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 3
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Johannes Brahms und seinen Eltern / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-014-8
1384ff.

  Standort/Quelle:*) D-B, s: Mus.Nachl. Schumann, K. 7,159
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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