23.01.2024

Briefe



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ID: 22865
Geschrieben am: Montag 08.07.1889
 

Liebe Clara.
Ich meine Du kannst Hrn. Jans<s>en ehrlich u. herzlich sagen, wie Du Dich seines Fleißes, Eifers u. Interesses freust. Auch wirst Du mit allem Möglichen, was er im Allgemeinen (<über die Art der Herausgabe etc.>) äußert u. Du im Allgemeinen bedacht – durchaus einverstanden sein.
Du wirst Dich aber durchaus gezwungen sehn, jegliche direkte Betheiligung an seiner Arbeit, welcher Art sie auch sei, im Großen wie im Kleinsten, ein für alle Mal – entschieden abzulehnen.
Jede einzelne seiner Fragen muthet Dir nothwendig mehr zu, als Du, bei Deinem so complicirten Leben, Deiner so ganz enorm in Anspruch genommenen Zeit, daran wenden könntest. Kurz, <Du> es geht nicht u. ich meine Du mußt ihn bitten, Dich nicht im Geringsten weiter dazu verführen zu wollen.
|2| Ich lege den Brief von Jansen wieder bei. Sieh nur einmal flüchtig seine <einzelnen> Fragen an u. mache Dir klar wie lange Du bei jeder einzelnen nach einer Antwort suchen müßtest, bei wie viel Freunden anfragen, in wie viel Schränken herum kramen, oder wie viel dem unsichern Gedächtniß vertrauen!
Nun aber wäre vielleicht eine Möglichkeit daß Du dem fleißigen braven Mann <anbot> anbötest: wenn es seine Zeit u. s. Verhältnisse erlaubten sich einige Zeit in Frankfurt aufzuhalten, Du ihm die betreffenden Schränke öffnetest u. Bücher u. Sammlungen zur Einsicht u. Verfügung stelltest; vielleicht auch ein Zimmerchen zu dem Zweck einräumtest.
Jansen würde ich <es> auch mitzunehmen erlauben etc. Das scheint mir Alles |3| u. das Einzige worauf Du Dich einlaßen könntest u. scheint mir für ihn viel u. Alles was er wünschen kann.
Aber bitte: lies folgende fragende Briefe von ihm u. Andern nur ganz obenhin u. gleich mit der festen Absicht, keine Minute darüber nachzudenken!
Herzogenbergs waren einen Tag hier, sie bleiben aber auch in Reichenhall nur einen Tag u. gehen dann für länger nach B-Baden. Nach Berlin denken sie doch nicht recht, sondern etwa nach Wiesbaden!
Die Freude an den Menschen wird bedeutend geschmälert, ja kann ganz unmöglich werden durch den Componisten. Ich wollte auch noch mit diesem fertig werden, wenn ich ihn nur bisweilen allein hätte. Aber nun ist immer die Frau dabei u. man weiß wirklich nicht woher die nöthigen Redensarten nehmen!
Diesmal hörte ich eine Sinfonie u. ein Trio für Cl. Oboe u. Horn. Mit ihm allein hätte ich mich ungenirt u. ganz gern darüber unterhalten.
|4| Ich war übrigens nicht Hamburger Bürger sondern nur Bürgerssohn. Die Auszeichnung ist eine seltene, ich bin No 13; die Ersten waren Blücher u. Tettenborn, die Letzten Bismark u. Moltke.
Vielleicht liest Du ganz gern die kleinen Texte zu m. Chören. Namentlich der 3te muß Dir doch sehr gefallen? Da ich sie grade in einer Ztg. abgedruckt finde, lege ich sie bei.
Und nun grüße ich schönstens u. wünsche daß der Sommer weiter so köstlich bleibe als er bis jetzt war. Als ich Dir das letzte Mal schrieb, fing grade der Platzregen von Gratulationen an – die ich diesmal wirklich alle angemessen dankend erwiedert habe!
Mit herzlichen Grüßen
Dein
Johannes.

  Absender: Brahms, Johannes (246)
  Absendeort: Ischl
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
Empfangsort: Franzensbad
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 3
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Johannes Brahms und seinen Eltern / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-014-8
1909-1912

  Standort/Quelle:*) D-B, s: Mus.Nachl. Schumann, K. 7,225
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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