23.01.2024

Briefe



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ID: 22879
Geschrieben am: Freitag 20.06.1890 bis: 30.06.1890
 

Liebe Clara.
Tausend Dank für Deine liebe Karte auf der so viel Freundliches steht wie ich auf 4 Seiten nicht bringe – u. die überhaupt so schön freundlich ist!
Zu erinnern brauchte sie mich nicht, ich wollte immer schreiben. Den Calender aber habe ich leider nicht so gut in Gebrauch wie Joachim u. beneide ihn recht, einen Tag so theurer Erinnerung mitgefeiert zu haben. |2| Ich sitze richtig u. ruhig in Ischl u. habe wohl jetzt die schönste Zeit des Sommers verbracht. Es waren herrliche Tage. Jetzt muß man sich auf Hitze, Regen u. – viel Leute gefaßt machen.
Zur Frühlingszeit könnte es auch Dir nirgend besser gefallen als hier. Es ist aber – kein Unglück – sondern ein Glück daß es zu dieser Götterzeit aller Orten schön genug ist.
Auf Zweierlei in Deinem letzten Brief muß ich noch sehr ernsthaft u. lustig widersprechen.
|3| Für’s Erste ist meine Eitelkeit schwer gekränkt daß ich dem Rektor Müslin ähnlich sehen, das Original zu diesem Bild sein soll! So erfährt man denn so ganz beiläufig, was man eigentlich für eine <Figus> Figur macht!
Nein, diese Nachbildung meiner Person war unbeabsichtigt u ist nur durch Zufall mir so ähnlich geworden. Wirklich auftreten thue ich als „Freund aus Wien“ in der letzten Reise des andern Buches – so pikant aber bin ich dort nicht geschildert!
|4| Das wäre nur Spaß, ernsthafter möchte ich nochmals wegen Speyers anfangen. Aber Dir wird selbst schon eingefallen sein, wie oft höchst Bedenkliches nur dadurch entsteht, daß Kinder hören u. weitersagen was <sie> in Scherz oder Ernst, ganz unbedacht in ihrer Gegenwart gesagt wurde. In Deinem Fall nun wird es gar durch ein zweites Kind weitergebracht! Das dürfte nicht das Geringste gelten. <Das>Dem Geschwätz <der> anderer Leute aber muß man seinen einfachen Brief entgegen halten.
Mir thut nachträglich leid daß ich Fr. Sp. an <jed> jenem Abend ziemlich mißhandelt u. gequält habe!
Für Heute nur noch allerschönste u. herzlichste Grüße allerseits von
Deinem
Johannes.

  Absender: Brahms, Johannes (246)
Absendeort: Ischl
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
Empfangsort: Frankfurt am Main
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 3
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Johannes Brahms und seinen Eltern / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-014-8
1954f.

  Standort/Quelle:*) D-B, s: Mus.Nachl. Schumann, K. 7,235
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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