Liebe Clara.
Du lebst ein selten schönes u. reiches Leben, aber den Ernst des Lebens kennst Du auch wie selten Einer. Wie ruhig habe ich schon von Manchem Abschied genommen u. wie verschärft ist Dir diesmal wieder der Abschied von Ferdinand, wie von Deinem englischen Freund. Daß Eugenie diesen Todesfall miterleben mußte, macht mir den Eindruck als ob das erschreckende Ereigniß gar so in persönliche Nähe käme.
|2| Mit Ferdinand bist Du nur Einer Sorge enthoben u. ich denke, die Sorge für die Kinder wird Dir durch sein Ableben wesentlich erleichtert – von der Frau wirst Du Dich doch sehr – wenngleich wohl nicht durchaus unabhängig halten können?!
<S> Möchte Dir nur der Sommer recht viel Erfreuliches bringen, namentlich Deine Gesundheit kräftigen; das ist nicht nur nöthig um dem Schlimmen widerstehen, sondern auch um des Guten sich freuen u. es genießen zu können.
|3| Die Berliner Musikzeitung vom 30ten Mai mit dem autographirten Brief von Robert Sch. ist Dir wohl zugeschickt? Sonst würde ich Dir diesen nächstens beilegen.
Der Brief ist an Jul. Stern u. es ist gar zu lieblich u. schön, wenn Sch. sagt: (er meinte gekränkt zu sein) „So wollen wir denn Gras drüber wachsen lassen, oder noch lieber Blumen.“
Von mir kann ich nur Gutes melden. Es ist überaus schön u. angenehm hier u. mir, wie ich wohl schon oft sagte, vor Allem durch die gar so liebenswürdig |4| gearteten Menschen aufs Beste behaglich. Von dem Vielen u. Vielerlei, was mir dabei an Musik durch den Kopf geht, wird wohl nicht viel bleiben – aber doch Einiges. Und wenn z. B. nächstens 6 Soloquartetten mit Clavier in sauberer Abschrift vor mir liegen, werde ich in Versuchung sein sie Dir zu schicken, weil ich meine sie dürften Dir gefallen. Bei Anderem hindert immer irgend eine Schwierigkeit des Lesens – bei Allem aber der Gedanke, daß man auch mir keine Freude mit Paketen macht!
Mit herzlichsten Grüßen u. allerbesten Wünschen – zunächst für den Sommer
Dein
Johannes.
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