23.01.2024

Briefe



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ID: 22901
Geschrieben am: Mittwoch 19.08.1891
 

Liebe Clara.
In Deinem lieben Brief hat mich alles Mögliche sehr erfreut. Dein freundliches Lob der 4tette; namentlich aber auch daß Dir die M’schen Herrschaften so sympathisch waren. Da bin ich denn überzeugt daß dies bei längerem Zusammensein u. bei <I>ihnen im Schloß erst recht der Fall wäre.
Zu Geniren hast Du Dich dort in gar nichts. Mittag u. Abend kannst Du auf Deinem Zimmer essen u. dazu Dich im letzten Moment entschließen. Wagen sind selbstverständlich jederzeit bereit u. im |3| Schloß kannst Du Dich tragen laßen. (Die Herrschaften wohnen im 2ten Stock, Du aber, wie ich parterre.) Diese unsre Wohnungen aber sind nicht nur überaus schön u. prächtig, sondern auch so behaglich wie Du Dir’s nur einbilden kannst; höchst angenehm die (reichliche) Kerzen u. Lampenbeleuchtung; Aussicht in den Park u. s. w. Ich glaube nun nicht an diese Freude für mich – sonst aber wüßte ich natürlich gern welche Zeit Dir am besten paßen würde.
Falls Joachim kommen könnte u. möchte (es könnte ja die Mitwirkung in einem Concert damit verbunden sein) würde ich Hausmann dazu einladen laßen.
|2| Andernfalls denke ich wohl an Heermann u. Becker. Den Clarinettisten <hier> dort zu hören, wäre Dir ein Erlebniß, ein Gaudium; Du würdest schwelgen u. ich hoffe, meine Musik soll Dich darin nicht stören!
Da Heute schönes Wetter ist, so wird Hr. Wendt sich aufgemacht haben u. wahrscheinlich mit diesem Brief in Berchtesg. ankommen!
Sehr freute mich zu hören daß es Frau von Herzogenberg besser geht, auch indirekt hatte ich lange nichts erfahren u. ich selbst gewöhne mich zu verzichten auf Correspondenz mit ihnen. Ja, der Ehrgeiz! Es sieht eigentlich allmählig |4| bei ihnen aus wie bei Scholzens. Für mich machen bei Beiden die sonst so liebenswürdigen Frauen den Verkehr unmöglich. Beide Paare werden immer fanatischer für die Arbeiten des Mannes u. nun kann man doch auch in viel günstigerem Fall nicht zu einem Künstler über sein Werk sprechen u. vielleicht disputiren – wenn die Frau zuhört – von Mitreden zu schweigen. Mit den Männern allein wollte ich fertig werden u. wie gern mich dann des Umgangs mit den Frauen erfreuen!
Nun aber grüße Marie, Vossens, Frau Franz, Frl. Wendt u. alle Möglichen, allerherzlichst Dein
Johannes

  Absender: Brahms, Johannes (246)
Absendeort: Ischl
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
Empfangsort: Vordereck/Obersalzberg
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 3
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Johannes Brahms und seinen Eltern / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-014-8
2024ff.

  Standort/Quelle:*) D-B, s: Mus.Nachl. Schumann, K. 7,250
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 

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