23.01.2024

Briefe



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ID: 22909
Geschrieben am: Montag 09.05.1892
 

Liebe Clara.
Ich kann Dir nicht ernstlich genug danken für den Brief der am 8ten kam. Er war mir eine sehr besondere Nachfeier des 7ten, eine so besondere, daß ich für Heute bitten muß mit dem einfachen Dank fürlieb zu nehmen. Er ist mir wichtiger als Dir – denn ich habe wenig, das mir wichtig wäre.
Von Diesem aber Dich zu unterhalten, fühle ich nicht die |3| Berechtigung, Heute auch mir gegenüber nicht, da ich Heute vor Allem zu danken habe, daß Du mir den grauen Tag vergoldet hast. So denn mich u. meine Angelegenheiten mit Vergnügen verlaßend, erzähle ich gern von Deinen hiesigen Freunden u. was Dich sonst angeht.
Falls Du es noch nicht weißt, muß Dir doch das Wichtigste sein daß R. Pohl den Manfred nicht mehr besitzt. Er prangt auf der hiesigen Ausstellung – als Eigenthum des Verlegers Fürstner in Berlin – leider – denn ich hatte sehr darauf geboten u. gehofft. Jedenfalls |2| wird es Dich freuen, daß Pohl sowohl wie Fürstner ernstlich ausgemacht haben, die Handschrift solle nicht zertheilt, nicht nach England oder Amerika verkauft ┌werden┐, sondern s. Z. nach Berlin zu den übrigen Schumanniana übergehen.
Daß Du und Deine Töchter die Schule verlaßen, kann ich mir gar nicht recht vorstellen. Eine Art Ausnahms- u. Ehren-Stellung wirst Du wohl behalten. Ich denke mir, Frl. Marie wird das gewohnte, morgendliche Geräusch mehr entbehren als Eugenie – weiß aber nicht, wen ich jetzt beleidigt habe!? Der Landgraf hat sich hier u. in Pest weidlich amüsirt u. wird jetzt grade versuchen Dich noch zu treffen u. Dir zu erzählen.
|4| Frau Franz ist mit der Tochter in Rom u. würde Dich auf der Rückreise gewiß gern besuchen. Wie gut es Fellingers geht, weißt Du wohl u. wie außerordentlich <sich> u. großartig ihre Fabrik, ihr Geschäft u. ihre Verhältniße sich geändert haben. Ich kann nicht Genaueres erzählen da ich nichts von der Sache verstehe u. kein Gedächtniß für Zahlen u. derlei habe. Aber es ist der Mühe werth daß Du die Frau bittest Dir doch ausführlicher von ihrer Fabrik u. ihren Arbeiten zu erzählen. Mir haben sie, trotz allen Widerspruchs, in m. Zimmern elektrische Beleuchtung eingerichtet. Auch gesundheitlich geht es ihr doch viel besser u. ist sie grade im Begriff nach Misdroy zu fahren.
Du fährst in schönere Lande u. herzlich hoffe ich immer schönerer Freude entgegen.
Dein
JB

  Absender: Brahms, Johannes (246)
Absendeort: Wien
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
Empfangsort: Frankfurt am Main
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 3
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Johannes Brahms und seinen Eltern / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-014-8
2048ff.

  Standort/Quelle:*) D-B, s: Mus.Nachl. Schumann, K. 7,257
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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