Liebe Clara.
Vergönne auch einem armen Abseiter Dir Heute zu sagen, daß er Deiner in immergleicher Verehrung gedenkt u. alles Gute, Liebe u. Schöne Dir, dem ihm theuersten Menschen aus vollem Herzen wünscht. Ein Abseiter bin ich Dir leider mehr als irgend ein Anderer. Das habe ich lange u. schmerzlich empfunden, nur nicht erwartet daß es so herbe zum Ausdruck käme.
|2| Du weißt, daß ich den ganz äußerlichen Anlaß (den Druck der Sinfonie) nicht anerkennen kann. Vor Jahren schon habe ich das ganz gleiche stillschweigend aber tief empfunden – als die Schumannschen Clavierstücke, die ich zuerst herausgab, nicht in die Gesammt-Ausgabe aufgenommen wurden. Beidemale konnte ich nur denken, es sei Dir nicht sympathisch meinen Namen dabei zu <haben[?]> sehen; einen andern Grund kann ich mit dem besten Willen nicht finden oder zugeben.
Freunden gegenüber bin ich mir nur eines Fehlers bewußt: Ungeschicklichkeit im Umgang. Du hast lange u. große Nachsicht gegen diesen geübt. Hättest Du |3| es doch wenige Jahre mehr. Es ist hart, nach 40jährigem treuen Dienst (oder wie Du mein Verhältniß zu Dir nennen magst) nichts weiter zu sein als „eine schlechte Erfahrung mehr.“ Nun, das will getragen sein; ich bin an Einsamkeit gewöhnt u. sollte es sein an den <dieser> Gedanken dieser großen Leere.
Dir aber darf ich Heute wiederholen, daß Du u. Dein Mann mir die „schönste Erfahrung meines Lebens[“] sind, seinen größten Reichthum u. edelsten Inhalt bedeuten. Ich empfinde daß ich – durch meine Art, nicht durch irgend Anderes, den großen Schmerz Deines Abwendens |4| von mir verdient haben mag, aber der liebende u. verehrende Gedanke an Dich u. Ihn wird immer hell u. warm leuchten
Deinem
tief ergebenen
JBr.
|