23.01.2024

Briefe



Rückwärts
	
ID: 22922
Geschrieben am: Montag 20.03.1893
 

Liebe Clara.
So laße ich mir ein Concert gefallen. In Frankfurt ist es, ich sitze ruhig in Wien, Du aber schreibst mir so lieb u. freundlich über die Probe u. wie Dich das Quintett <gefallen ha> gefreut hat. Daß Du dies Stück, u. von Mühlfeld hören mögest, habe ich mir ja lange gewünscht. Ich wußte ja, wie <Dir> sympathisch Dir der Mann sein würde u. wie er als Künstler Dein ganzes Herz gewinnen müßte. Wie schade, daß die |3| kalten Heermann’schen Zimmer Dich um die Freude gebracht haben, ihn öfter zu sehen, vielleicht gar bei Dir u. mit ihm zu musiciren.
Da Du neulich danach frugst: Frau Simrock war in Berlin, als ich <neulich> dort war. Ich wohnte bei ihm, <sie v> sie waren, trotz Allem, die freundlichsten Wirthe u. ich hatte von der überaus traurigen Situation den kleinen Vortheil, nicht gegen Gesellschaften ankämpfen zu müßen. Deine Erzählung von einer Zusammenkunft Joachims mit seiner Frau klingt nicht glaublich.
|2| Ich höre im Gegentheil, daß die Knaben, die bis jetzt mit Beiden verkehrten, der Mutter geschrieben hätten: sie sähen ein, daß dies nicht ginge, daß sie sich für Einen von beiden Eltern entscheiden möchten u. – daß sie auf die Mutter verzichteten! An ein Zusammenleben ist ja übrigens durchaus nicht zu denken, schon der gegenseitigen Freunde wegen u. u. u. s. w.!
In Gedanken mache ich viel Eure Conferenzen u. Berathungen am Frühstückstisch mit. Der letzte Beschluß zu Ungunsten Wiens hat mich nicht erschüttert, denn es folgen ja weitere Diskussionen. Mich interessirt auch|4| nicht blos die eine Station.
Ich plane, oder eigentlich: Widmann, Hegar u. Freund planen eine Reise nach Sicilien. Ich glaube aber nicht daß sie zustande kommt u. denke für den Fall an einiges Nord-Italien u. einen schönen See wo ich auch schöne, liebe Menschen finden würde.
Frau Fellinger geht es fortgesetzt ganz gut (oder passabel). Ausgehen thut sie nicht! Für den Sommer geht sie nach Veldes im Krain. Ich denke wieder an Ischl.
Für Deinen Brief danke ich nochmals allerherzlichst, er hat mir ganz ungemeine Freude gemacht.
Von Herzen
ganz Dein
Johannes.

  Absender: Brahms, Johannes (246)
Absendeort: Wien
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Empfangsort: Frankfurt am Main
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 3
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Johannes Brahms und seinen Eltern / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-014-8
2104ff.

  Standort/Quelle:*) D-B, s: Mus.Nachl. Schumann, K. 7,272
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



Wir verwenden Cookies, um Ihnen den bestmöglichen Service zu gewährleisten (Mehr Informationen).
Wenn Sie auf unserer Seite weitersurfen, stimmen Sie bitte der Cookie-Nutzung zu. Ich stimme zu.