23.01.2024

Briefe



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ID: 23151
Geschrieben am: Sonntag 29.10.1876
 

Düsseldorf, den 29. Oktober 1876.
Unsere Briefe hatten sich gekreuzt! Habe Dank, liebster Johannes für Deinen, auf den ich Dir gleich noch ein Wort sagen möchte.
Bitter hat geschrieben, ihr seiet einig, also 1 800 , aber ein Benefiz-Konzert! Das wolltest Du doch nicht! Froh bin ich, daß das Musikfest Dir extra bezahlt wird – laß Dir das aber ja schriftlich geben – 500 ist das Hergebrachte.
Ich bin doch recht innerlich bewegt über die Sache! – Du hast Marie sehr erfreut – hab’ Dank dafür.
Über die Symphonie laß mich ja gleich hören, meine innigsten Gedanken und Wünsche sind mit Dir.
Getreu
Deine
Clara.
Bis 6. November St. Georg 12 Averdieks Terrasse, vom 6. – 8. November Konsul Lürmann in Bremen, vom 9. ab bis Dezember Berlin.
Abends.
Schon hatte ich meinen Brief zu, da schickt mir Steinmetz Bitters Mitteilung, wo alles mit Dir verabredet steht. Da ist nun ein Paragraph, der sehr sonderbar, und Bendemann meint, das sei wohl ein Mißverständnis; es heißt:
4. „Die Zusicherung (wünscht er, Brahms), daß für die Programme der Konzerte und Musikfeste und für die Bestimmung der Solosänger und Künstler ihm die Vorschläge überlassen, überhaupt er in allen künstlerischen Fragen gehört werde.“
Nun sagt Bendemann und Advokat Euler, das sei doch das Minimum, daß man Dich höre, es müßte im Gegenteil heißen, daß Du das Komitee hörest und, soweit es angeht, die Wünsche desselben in bezug auf Programme berücksichtigest, schließlich aber Du zu entscheiden habest. Euler sagt, der Paragraph sei gar zu sonderbar abgefaßt und könne Dir große Unannehmlichkeiten bringen. Mit dem Engagieren der Künstler wäre es schon ganz recht, wenn Du gehört werdest, aber nicht die Verantwortlichkeit zu übernehmen habest, das gehöre ja auch schon zu den geschäftlichen Dingen. – Euler sagt, in allen Instituten, Realschulen, Gymnasien etc. werde nach Anhören des Kuratoriums doch der Endbeschluß vom Direktor gefaßt. –
Kurios ist auch Paragraph 5: „würde zu erwägen sein, ob, falls der Vorstand des Allgemeinen Musik-Vereins ihm ein Konzert bewilligen wollte, dies Konzert nicht für Rechnung des Vereins ausgeführt und ihm (Brahms) dafür eine mäßige (?) Abfindung gegeben werden könnte.“ Bitte, nenne B. und E. nicht, ich schreibe Dir dies alles, damit Du erwägst und nur ja recht überlegst, was die Bedingungen betrifft.
Die erste Sache kannst Du doch wirklich nicht in der Weise eingehen, Du mußt die alleinige Entscheidung in Sachen der Programme haben. Ich erinnere mich, wie sehr unangenehme Auftritte Robert mit dem Komitee gehabt, so z. B. ’mal wegen Rossini, den er nicht ins Programm haben wollte, und dann in schreckliche Ärgernisse geriet.
Ich bin in größter Eile, da ich in eine Gesellschaft muß und der Wagen schon wartet, da ich aber morgen reise, so wollte ich dies Dir zu schreiben doch nicht verschieben.
Nochmals herzlichst
Deine Clara.
Ich bin recht in Unruhe, schreibe mir doch bald hierüber.

  Absender: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Absendeort: Düsseldorf
  Empfänger: Brahms, Johannes (246)
Empfangsort: Karlsruhe
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 3
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Johannes Brahms und seinen Eltern / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-014-8
1335ff.

  Standort/Quelle:*)
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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