23.01.2024

Briefe



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ID: 23300
Geschrieben am: Samstag 04.10.1884
 

Frankfurt, den 4. Oktober 1884.
Lieber Johannes,
indem ich Dir für Deine lieben Zeilen danke, muß ich Dir doch gleich heute in Bezug auf Gutmann berichten, damit Du in der Lage bist, den Philharmonikern gegenüber besonders, mich zu rechtfertigen.
Gutmann schrieb im Sommer an mich, ob ich nicht Konzerte in Wien geben wolle, die er arrangieren möchte und mir garantieren. Ich antwortete, daß ich keine eigenen Konzerte mehr gebe, nur noch in Abonnements-Konzerten spiele, wo ich nur ein bis zwei Nummern zu spielen brauche. Ich habe vielleicht noch aus Artigkeit hinzugefügt (doch das weiß ich nicht mehr genau), daß, da man in Wien zu solchen Engagements keine Gelegenheit habe, ich auf die Freude verzichten müsse. Wie gesagt, ich bin nicht sicher, was ich sagte, aber sicher, daß ich ihm nie ein Versprechen gab. Nun schreibt er neulich an mich, er habe mich den Philharmonikern vorgeschlagen und sei mit Freuden angenommen und beauftragt worden, mich aufzufordern. Hellmesberger hoffe dann auch, und er hoffe, mich noch zu einem Schumann-Abend zu bewegen. Ich schrieb ihm ab! Für ein Engagement kann ich die große Reise und Anstrengung nicht machen, mehrmals zu spielen habe ich nicht die Zeit, da ich zwischen den Konzerten zu lange Zeit zum Ausruhen brauche, das weißt Du und kannst es nötigenfalls bestätigen. In allen Fällen hat Herr Gutmann kein Recht, solche Notizen, wie er getan, zu verbreiten, sogar auch noch, daß ich bei Bösendorfer spielen werde, wovon nicht einmal die Rede seinerseits war. Ich würde doch Streicher das nicht antun – was muß er von mir denken.
Es ist doch ganz gewissenlos von dem Menschen. . . . . Was müssen meine Freunde denken, als ob ich mein Wort gebrochen hätte, während ich doch ’mal gewiß zu den Gewissenhaftesten in diesem Punkte zähle! – Welche Frechheit, daß der Mann mich den Philharmonikern anbietet, als ob diese, wenn sie mich haben wollten, nicht direkt an mich schreiben könnten – ich unterhandle ja nie mit Unternehmern und hätte diesem auf alle Fälle nie zugesagt.
Lieber Johannes, vertritt mich hier, ich bitte Dich!
Daß Du wieder in unsre Nähe kommst, freut uns sehr – hoffentlich umgehst Du uns nicht! –
Wer feiert in Krefeld Jubelfest?
Grüters doch nicht?
Das ist lang geworden, kurz konnte ich aber die Angelegenheit nicht fassen, solltest Du klar sehen.
Schönste Grüße von uns allen!
Deine alte
Clara.
Wäre doch das Wien nicht so weit – wie gern käme ich ’mal.

  Absender: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Absendeort: Frankfurt am Main
  Empfänger: Brahms, Johannes (246)
Empfangsort: Mürzzuschlag
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 3
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Johannes Brahms und seinen Eltern / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-014-8
1711ff.

  Standort/Quelle:*)
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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