23.01.2024

Briefe



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ID: 23306
Geschrieben am: Sonntag 16.08.1885
 

Obersalzberg bei Berchtesgaden, 16. August 1885.◊1
Lieber Johannes,
heute will ich Dir doch ’mal einen Gruß von hier schicken und Dir für Deinen letzten nach Gastein danken. Es wäre eher schon geschehen, wären die Tage nicht gar so kurz, der Arbeit so viele. Hier wird man auch gar viel abgehalten, und es vergehen Tage, wo ich zu nichts komme.
Eine Arbeit, die mir viel Mühe, aber auch viel Freude macht, ist nun vollendet, und zwar ist es eine Sammlung Briefe, die ich herausgebe unter dem Titel: „Jugendbriefe Robert Schumanns“ an einige Freunde, seine Mutter und Auszüge aus Briefen an mich aus der Brautzeit. Härtels drucken sie, und sollen sie schon im Oktober erscheinen, da ihnen nur noch 5/4 Jahr Schutzfrist bleibt. Man hat aber keine Idee, welche Arbeit so etwas macht, wie oft man es liest und wieder liest und streicht und wieder hinzufügt! – Welche Schreiberei hat es darum nebenbei gegeben mit Härtels und ratenden Freunden wegen des Geschäftlichen! Vom Bücher-Betrieb weiß ich ja gar nichts und mußte wohl sehr vorsichtig sein. . . . . Mündlich erzähle ich Dir einmal davon.
Neulich besuchte uns Anna Franz, da wurde viel auch von den Freunden in Mürzzuschlag gesprochen – bald werden sich viele dort in Deine Nähe ziehen. Wäre es hier nur nicht solches Pensionsleben, dazu das Haus so überfüllt, ich redete Dir zu, ’mal die herrliche Gegend kennen zu lernen, aber es würde Dir sonst am Ende hier nicht behagen, und das wäre mir dann leid.
Sehr froh bin ich, hier mich wohler als in Gastein zu fühlen, offenbar bekömmt mir die Luft hier besser; wäre doch nicht durch Gastein mein Aufenthalt hier so verkürzt! Es wird eben auch bald zu kalt hier oben, sonst aber ist das Wetter diesen Sommer doch wahrlich so, daß man davon sprechen und es preisen muß. –
Unsere Idee, nach dem Süden zu gehen, haben wir aufgegeben, da Hildebrand nach Frankfurt am 10. oder 11. September kommen will, um mein Relief dort zu machen. Die Kinder haben es sich von ihm gerade schon lange gewünscht, und so bringe ich gern dies nicht so leichte Opfer, denn mir lag es schon längst im Sinn, ’mal Meran etc. kennen zu lernen. – Herzogenbergs haben uns schon ’mal hier besucht mit Hildebrands, ebenso Franks, der sich nun auch unten anbaut. Es belebt sich der Berg auch immer mehr – leider muß man da sagen! –
Nun aber adieu, grüße mir die lieben Fellingers. – Eugenie und Fillu bleiben in der französischen Schweiz – Sion, Kt. Wallis.
Marie grüßt bestens. Es geht ihr ganz gut wieder.
Getreu
Deine Clara.

  Absender: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Absendeort: Vordereck/Obersalzberg
  Empfänger: Brahms, Johannes (246)
Empfangsort: Mürzzuschlag
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 3
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Johannes Brahms und seinen Eltern / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-014-8
1724ff.

  Standort/Quelle:*)
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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