23.01.2024

Briefe



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ID: 23310
Geschrieben am: Mittwoch 30.12.1885
 

Frankfurt, den 30. Dezember 1885.
Lieber Johannes!
Eigenhändig kommt mein Neujahrsgruß nicht, darum aber doch nicht minder herzlich. Es ist schön, daß Dich uns das Neue Jahr so bald hierherführt – willst Du von Mannheim und Köln aus Abstecher zu uns machen, oder etwa die Zwischenzeit zwischen Mannheim und Frankfurt bei uns zubringen, so findest Du jederzeit Dein Zimmer bereit. Ich denke, Du gehst doch nicht erst wieder nach Wien zurück. Für Deinen lieben Brief schönsten Dank – ich erfuhr aber gar nicht daraus, wo Du den Weihnachtsabend zugebracht hast? Daß es bei uns lustig hergehen werde, hast Du Dir wohl nicht im Ernst gedacht, hatten wir doch unsere Gedanken den ganzen Abend (ich wenigstens) beim Ferdinand, wo es, trotz des Baumes, trübe genug ausgesehen haben mag. Da vergeht einem wahrlich die Lustigkeit! Und mich kannst Du Dir auch nicht am Flügel gedacht haben mit meinem kranken Arm! Lieber Johannes, da warst Du doch einmal recht zerstreut, als Du das schriebst – mir war es ganz wehmütig. Und nun soll ich auch die Symphonie hergeben! Nicht gern tu ich das, aber natürlich geschieht es sofort.
Ich hatte sie Kwast, der sie gestern Beckeraths vorspielen wollte, geliehen und habe ihm sofort geschrieben, mir sie zurückzusenden. Sehr freue ich mich auf die Lieder. Möchte ich nur dann imstande sein, sie selbst zu spielen. Seit zwei Tagen fühle ich die Schmerzen etwas milder werden und schöpfe wieder Mut. Könnte ich nur am 22. hier spielen, mir wäre es so viel lieber als am 5. März, denn die Symphonie will ich nun erst recht noch genießen.
So leb’ denn wohl für heute. Alle guten Wünsche begleiten Dich ins neue Jahr und durch dasselbe. Hier grüßt und glückwünscht auch alles. Wir haben morgen einige Schüler bei uns, und Fillu und Eugenie probieren eben ein Kasperltheaterscherz. Elisens Kinder haben zu Weihnachten ein Kasperltheater geschenkt bekommen und uns geliehen.
Wie immer
Deine
Clara.

  Absender: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Absendeort: Frankfurt am Main
  Empfänger: Brahms, Johannes (246)
Empfangsort: Wien
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 3
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Johannes Brahms und seinen Eltern / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-014-8
1737ff.

  Standort/Quelle:*)
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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