Frankfurt a./M., den 20. Dezember 1887.
Lieber Johannes,
ich denke, mein Weihnachtswunsch wird Dich, Deinem heute empfangenen Briefe nach, in Wien am 23. auf der Durchreise treffen, und ist es mir lieb, daß ich Dich doch nun zu finden weiß. –
Also auf der Reise wirst Du gerade am 24. sein? Das ist doch ungemütlich, freilich, bei uns wird es diesmal auch nicht eben fröhlich. Du kannst mir doch nicht im Ernst lustige Festtage wünschen, wie wäre das wohl möglich bei so schweren Sorgen und Kummer! Ich werde Gott danken, wenn sie vorbei sind!
Also in Leipzig zu dirigieren hast Du Dich doch noch entschlossen! Es ist mir um des Stückes selber lieb, denn – nun Du weißt, was ich meine.
Hier gab es einige Tage große Aufregung unter den Musikern wegen Scholzens Artikel gegen die Berliner Kritiker – es war doch unbegreiflich von ihm, daß er so wenig Stolz hatte! Jetzt ist schon alles wieder vergessen – so geht es im ganzen Leben, nur nicht im Innersten des Herzens! –
So feiere Du denn wieder neue schöne Musikstunden, und tritt das neue Jahr in alter Frische an zum Wohle der Menschheit. –
Wie’s mich freut, höre ich bald einmal mehr, das weißt Du. Hier grüßt und wünscht alles!
Deine alte
Clara.
Fillu geht zum Feste zu Herzogenbergs – Frau v. Herzogenberg will doch ein Bäumchen putzen – die Armen!
[Umschlag]
Herrn
Dr Johannes Brahms.
in
Wien IV.
4 Karlsgasse.
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