23.01.2024

Briefe



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ID: 23336
Geschrieben am: Freitag 08.06.1888
 

Frankfurt a./M., den 8. Juni 1888.
Lieber Johannes!
Sehr erfreut hat mich Dein Brief, und vor allem, daß Deine Reise so herrlich verlaufen ist. Das muß ja ein Götterleben gewesen sein, was Ihr geführt habt. Nächstes Frühjahr will ich denn wirklich auch einmal einen Anlauf nehmen. Wie gerne auch besuchte ich Dich einmal in Thun, aber ich bringe die Kinder durchaus nicht dazu, in die Schweiz zu gehen, und im Grunde genommen haben sie ja recht insofern, als im August die Schweiz so überfüllt ist, daß man kaum auf ein gutes Unterkommen hoffen kann und auch das Herumreisen im Sommer mich so sehr anstrengt. So wird denn wieder Franzensbad den Anfang und Obersalzberg den Schluß bilden, wenn nicht etwa Baden-Baden uns zu allerletzt noch verlockt.
Mit Müller habe ich neulich wegen der IV. Symphonie gesprochen, und er war sehr Feuer und Flamme dafür, bat mich nun aber, ihm die Partitur zu verschaffen, und, hast Du etwa die Orchesterstimmen, auch diese. Er will dann gleich im Herbst mit mir das Konzert aussuchen, in welchem sie gemacht werden soll. Du hast doch wohl alles? Bitte, schreibe mir eine Karte bezüglich dieses, solange ich noch hier bin (bis zum 25 d.).
Von uns gibt es nicht viel anderes zu sagen, als Du weißt, leider habe ich viel Rheumatismus und sehne mich jetzt fort, obgleich unseren netten Balkon und Garten zu verlassen mir schwer wird. Ich wünschte, Du sähest letzteren einmal um diese Zeit in dem frischen Grün und den aufbrechenden Rosen! Nächste Woche geht es musikalisch etwas bunt zu; diesmal haben wir sechs Prüfungskonzerte – wir haben aber auch einige Schüler, die uns große Freude machen, namentlich einer, der Deine Sachen alle so spielt, daß ich mit Freude und oft mit wahrer Rührung zuhöre. Das entschädigt dann für manche Täuschungen.
Nun lebe wohl, lieber Johannes, genieße den Sommer recht, und auch zu Frommen anderer.
Hier grüßt alles und zumeist ich,
Deine alte
Clara.
P. S. Ich konnte nicht eigenhändig schreiben, wegen rheumatischer Schmerzen im Arm.

  Absender: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Absendeort: Frankfurt am Main
  Empfänger: Brahms, Johannes (246)
Empfangsort: Thun
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 3
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Johannes Brahms und seinen Eltern / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-014-8
1827f.

  Standort/Quelle:*)
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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