23.01.2024

Briefe



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ID: 23337
Geschrieben am: Donnerstag 14.06.1888
 

Frankfurt a./M., den 14. Juni 1888 (?).
Lieber Johannes!
Ich eile, Dir wegen der Symphonie zu antworten, und zwar Dich zu bitten, die Stimmen sofort ausschreiben und mit der Doppel-Partitur an Musik-Direktor Müller, Grünebergweg 67 schicken zu lassen, aber die Nota für das Abschreiben möchte ich haben. Einfacher ist es vielleicht, Du schickst an Müller die Partitur, und läßt mir die Stimmen mit der Nota schicken; diese brauchen wir ja doch erst im Winter, der Schreiber kann sie aber auch so bald schicken, als er sie fertig hat. – Ich danke Dir sehr für Deine schnelle Antwort und bitte, schicke dem Müller nicht nur die alte Partitur, sondern beide untereinander, die alte und die neue, was doch besonders interessant ist. Der Sicherheit halber möchte ich doch bitten, daß Dein Notenschreiber die Stimmen erst im Oktober schickte, da die Dienstleute doch nicht immer sorgsam sind. –
Nach Stuttgart gehe ich nicht, muß statt dessen zu dem Arzt nach Köstritz, der jetzt Ferdinand in der Kur hat, um mit ihm über ihn zu beraten, dann nach Schneeberg, um meine Nichte und die drei Enkel zu besuchen, die jetzt dort in Pension sind. Von da gehe ich nach Franzensbad vom 1. Juli bis zirka 4. August. Meine Adresse dort ist: bei Herrn Doktor Loimann „in den drei Lilien“. Vielleicht sendest Du mir einmal eine Karte, die mich herzlich erfreuen würde. In Stuttgart abzuschreiben, wurde mir sehr schwer, weil ich mich auf einige gemütliche Tage bei Pfeiffers gefreut hatte, und auch hoffte, die Peri wieder einmal mit guten Kräften zu hören. Aber, sauer genug hätte ich es mir doch verdient mit dem Vorspiel zu Parsifal, welch eine Zusammenstellung! Da wäre ich ja schon halbtot, bis es nur zur Peri kommt.
Von den Prüfungskonzerten bleibt mir kaum eines erspart, erstlich hat der Direktor die Vorträge meiner Schüler in fünf Konzerte verteilt, will ich also keinen kränken, muß ich in alle gehen, fühle aber doch auch die Pflicht, in etwas wenigstens teilzunehmen an den Bestrebungen meiner Kollegen am Institut, halte ich mich doch sonst ganz fern von den Übungsabenden. Der junge Mann, von dem ich Dir schrieb, ist nun doch ein Engländer, den Du aber lieb haben würdest, kenntest Du ihn; er hat gestern abend Deine Rhapsodie in H moll prachtvoll gespielt, und hinterher die Lisztschen Variationen über das Hexenthema. Beides spielte er wie keiner von all den neueren Virtuosen.
. . . . Du siehst aus diesem Diktat, daß ich nicht selbst schreiben konnte; ich habe seit Wochen wieder heftigen Rheumatismus und konnte schon bei der Einweihung des neuen Konservatoriumhauses nicht mitwirken, was mir wahren Schmerz bereitet hat.
Simrock hat mir Partitur und Klavierauszug Deines Konzertes geschickt, was mich sehr freut, und nun lebe wohl, genieße das Herrliche, was Dich umgibt, und laß uns Herrliches daraus ersprießen – Natur und Kunst vereint.
Deine alte Clara.
Die Kinder grüßen herzlich.

[Umschlag]
Schweiz.
Herrn
Dr Johannes Brahms.
Thun.
Hofstedten

  Absender: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Absendeort: Frankfurt am Main
  Empfänger: Brahms, Johannes (246)
Empfangsort: Thun
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 3
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Johannes Brahms und seinen Eltern / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-014-8
1830-1833

  Standort/Quelle:*) Umschlag: A-Wst: 55746,67b
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 

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