23.01.2024

Briefe



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ID: 23339
Geschrieben am: Freitag 27.07.1888
 

Franzensbad, den 27. Juli 1888.
Liebster Johannes,
was soll ich sagen auf Dein so freundliches Anerbieten? Ich konnte mich beim Lesen Deines Briefes der tiefsten Rührung nicht erwehren – Worte klingen arm gegen das, was man in solch ’nem Moment empfindet, und so kann ich Dir nur innigst die Hand drücken und Dir gestehen, daß die von Dir gebotene Stütze meinem Herzen ein so beruhigendes Gefühl gibt, wie ich es lange nicht empfunden. Aber annehmen kann ich Dein so liebes Anerbieten jetzt nicht, es wäre unrecht, täte ich dies, ohne wirkliche ernstliche Veranlassung. Durch die Verdienste in England, voriges und dieses Jahr, habe ich noch eine kleine Summe, ausreichend für dieses Jahr, disponibel, dazu hilft ◊6mir Elise mit wesentlich dadurch, daß sie für einen der Knaben (ihr Patenkind) die Erziehungskosten bestreitet.
Ferner stehe ich wegen des Verkaufes der Manuskripte Roberts noch immer in Unterhandlung, die doch endlich auch einen Abschluß haben wird, so daß ich vorläufig noch nicht in der Lage bin, mein Kapital angreifen zu müssen. Meine Sorge gilt meist der Zukunft, die Aussichten auf Verdienst durch Konzertieren werden immer geringer, die Ausgaben für Ferdinands Kinder immer größer. So komme ich denn zu dem Schlusse, daß, da ich Dich für einen so guten Menschen halte, wie Du bist, und Dich so lieb habe, wie Du wünschest, ich Dir verspreche, mich unbesonnen an Dich zu wenden, sobald die Sorgen wirklich ernstlich an mich herantreten. Bist Du es so zufrieden? Ich hoffe es, und bitte Dich im Vertrauen auf dieses mein Versprechen nichts Weiteres jetzt zu tun. – Ich schließe heute, bin zu bewegt, um plaudern zu können, bald tue ich es aber von Obersalzberg aus, wo wir am 6. August einzutreffen hoffen.
Von den Kindern soll ich Dir sagen, wie auch sie Deine Freundschaft für mich tief empfinden, und so nimm denn dreier dankbarer Herzen wärmste Grüße.
Deine alte treue
Clara.

[Umschlag]
Einschreiben.
Herrn
Dr Johannes Brahms.
Hofstetten
bei
Thun
Schweiz.

  Absender: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Absendeort: Franzensbad
  Empfänger: Brahms, Johannes (246)
Empfangsort: Thun
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 3
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Johannes Brahms und seinen Eltern / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-014-8
1840ff.

  Standort/Quelle:*) Umschlag: A-Wst: 55746,68b
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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