Frankfurt a./M., den 21. Oktober 1892.
Lieber Johannes,
eben komme ich zurück von Düsseldorf, wo ich die nun 80 jährige Fräulein Leser und Frau Bendemann besucht habe, und finde Deine Karte mit der neuen Sendung, wofür ich Dir vor allem danken will. Leider bin ich mit so argen Rückenschmerzen zurückgekehrt, daß ich es nicht wagen konnte, heute zu spielen, auch nicht selbst zu schreiben, hoffe aber auf morgen, bin sehr begierig auf die Stücke. Ich fand hier zugleich einen Brief von Härtels, worin sie mir sagen, daß sie gesonnen seien, jetzt die Anhangstücke auch in der kritischen Ausgabe erscheinen zu lassen. Darum also hatten sie mir die instruktive Ausgabe geschickt, was ich damals nur für einen Zufall hielt. Du hast also doch nicht ganz unrecht gehabt. Mir ist dies unbegreiflich. Ich werde nun Härtels einfach schreiben, daß sie sich das Scherzo und Presto von Rieter und die symphonischen Etüden von Simrock kommen lassen und sich genau an diese Vorlagen halten, sowohl was die Musik betrifft, wie den von Dir gegebenen Text. Hast Du hierbei noch etwas zu erwähnen, so sei so gut, es mir sofort zu sagen.
Mit großem Interesse habe ich gelesen, daß Du Deine neuen Stücke in Berlin alle gespielt. Hätte ich doch sie hören können! – Joachim sollte morgen hier spielen, hat aber abgesagt, und niemand weiß recht den Grund – Frau Kwast sagte mir eben, es sei wohl wegen seines Fingers.
Nun nochmals Dank für die Sendung und wegen Härtels die Bitte um ein Wort per Karte. Herzlich
Deine Clara.
Daß ich die anderen Stücke noch behalten kann, ist mir sehr lieb, und auch dafür meinen Dank.
[Umschlag]
Herrn
Dr J. Brahms.
Wien IV
Karlsgasse 4.
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