Hamburg den 10ten Novb 1850.
Lieber Freund!
Vielen Dank für Ihre lieben Zeilen vom 23sten Septbr, hoffentlich ist Ihr damaliges Unwohlseyn gänzlich gehoben. Wie freut es mich, daß Ihnen in Düsseldorf gleich ein so frischer, ächt künstlerischer Geist entgegentrat. Ich bin fest überzeugt, daß in allen großen Residenzstädten vor lauter Partheien u kleinlichen persönlichen Gelüsten, der ächte Kunstsinn nur Dornenwege findet. – Gott behüte Sie u Ihr liebes Menschenvolk, mögen die Düsseldorfer es recht erkennen, welch einen Schatz sie in Ihnen u Ihrer Frau gewonnen haben.
Ich wollte, Sie könnten Ihr kleines Pathchen, unsern Robert einmal sehen, er ist das stärkste meiner Kinder, ein wahrer dicker Kobold, der so freundlich aus seinen hellen blauen Augen herausschaut, als sähe er lauter Freude u Jubel um sich. Er lacht oft schon laut auf vor Freude u streckt Einem schon die dicken Patscharme entgegen.
Leider haben wir in diesem Winter wieder nur 4 Conzerte, es wollte Keiner in der Comittée auf mehrere eingehen. – Da habe ich nun ein [sic] Privatidee eben in Bezug auf unsere Conzerte, die mich eben zu diesen Zeilen veranlaßt. Dieselbe betrifft Ihr [sic] Composition für 4 Hörner u Orchester, die eben jetzt bei Schubert erscheint. – Bedarf es dazu bedeutender Virtuosen, oder könnten es 4 recht brave Hornisten ausführen? – Sie kennen ja aus unsern Conzerten unsere Hörner, 2 sind wirklich sehr gut. – Ist diese Composition mehr ein Conzert für 4 Hörner, oder ist es eine, zu deren Eigenthümlichkeit eben 4 Hörner als besonders vorherrschend erforderlich sind? – Verzeihen Sie diese Frage, so wie ich Sie kenne, glaube ich sicher zu seyn, sie in der 2ten Art beantwortet zu sehen. – Wenn diese Composition nicht gar zu große Schwierigkeiten darbietet, dann mögte ich sie wohl für unsere Conzerte in Vorschlag bringen und darf bei der Vorliebe für Sie, einen günstigen Erfolg erwarten. Können Sie mir Einiges darüber schreiben, von Ihrer Auffassung u Idee über dieselbe usw? Würden Sie uns nicht die Partitur überschicken können? – Zürnen Sie nicht über diese Zumuthung, ich selbst bin zu sehr hinsichtlich meiner Erwartung zu Ihnen dabei interessirt.
Diese Zeit waren Thodes aus Dresden hier zum Besuch. Es that mir so wohl, aus ihrem Munde so viel Nettes über Sie zu hören, ich nickte zu allen begeisterten Ergüssen über Sie, so recht schmunzelnd mit dem Kopf; es war mir wie Musik u unwillkührlich sagte ich, Gott erhalte nur diese beiden lieben Menschenkinder recht gesund u frisch, wir werdens noch erleben, was der uns noch Alles bringt. – Thodes lassen so freundlich grüßen, besonders Frln Emma Thode, mit der ich noch lange zusammensaß u sie ruhig in ihren begeisterten Ausrufen über Sie gewähren ließ, weil mir so wohl dabei war. Sie erzählte mir von Ihrer letzten Compos. in Dresden, des Abschiedliedes „Es ist bestimmt in Gottes Rath[“] usw Werden Sie es herausgeben, wo nicht, können Sie mir nicht einmal die Composition zuschicken? – Sie muß wundernett seyn.
Meine Frau ist leider noch immer nicht so ganz frisch u wohl, indessen geht es bedeutend besser, sie gebraucht Bäder u davon erwarte ich viel. Sie grüßt Sie u Ihre Frau u Kinder so recht herzlich. – Wenn Sie können, so schreiben Sie mir einige Zeilen, die mich hoch erfreuen würden. Sie herzlich grüßend Ihr
Th Avé Lallemant.
|4| Herrn Doctor Robert Schumann
berühmter Componist
in
Düsseldorf
frco