23.01.2024

Briefe



Rückwärts
	
ID: 25851
Geschrieben am: Montag 15.07.1878
 

Habrowan d. 15ten Juli 78
Lieber Herr Brahms!
Endlich sind wir einen Schritt weitergekommen; ob Sie aber damit zufrieden sein werden, weiss ich nicht. Ich sandte die Blätter mit einer wohlausgesonnenen Lüge, die ich Sie auf Ihr Gewissen zu nehmen bitte, an Mama, u. schreibt sie mir nun wörtlich Folgendes:
„Die Inlage war mir, bis auf eine Stelle, die mir etwas ungarisch-Brahms’sch vorkam, gänzlich unbekannt, ich glaube aber, Brahms, der jedes Schnippchen Papier, das ich habe, kennt, und Alles durchgestöbert hat, wird vielleicht wissen, wohin es gehört. Manches darin klingt Schumann’sch, manches Brahms’sch, einiges aber auch, als könnte ich es gemacht haben – nun, ich denke, es wird sich wohl noch aufklären.“
So weit Mama; was Marie darüber schreibt, liegt bei. Ich fürchte, Sie sind mit diesem Resultat nicht zufrieden, obgleich ich ja gar nicht weiss, wohin Sie zielen. Können Sie mich noch gebrauchen, so bin ich zu allen Schandthaten bereit.
Ich bin schon seit 14 Tagen mit Fillu bei Herrn u. Frau v. Gompertz; eine Bekanntschaft über die ich mich sehr freue, da sie ausserordentlich liebenswürdige Menschen sind. Morgen geht es aber fort in die Prein bei Peyerbach, Niederösterreich, in’s Gebirge, wo wir hoffentlich mehrere Wochen bleiben werden. Wie hübsch wäre es, wenn Sie uns wirklich eines Tages überraschten; aber eine so große Fusswanderung werden Sie wohl kaum unternehmen.
Hoffentlich machen Sie es möglich im Herbst einen Monat mit Mama zusammen zu sein; es wäre uns, abgesehen von allem Andern, eine große Beruhigung wegen der Revisionsarbeit, über die Mama sich, mehr als gut, aufregt. Nun leben Sie wohl, lieber Herr Brahms, u. seien Sie von Fillu u. mir bestens gegrüsst. Ihre sehr ergebene Eug. Sch.

[Beilage, Brief von Marie an Eugenie Schumann, 12. Juli 1878 (Fragment)]
Wildbad Gastein d. 12ten Juli 78
Liebe Eugenie,
ich habe Dir lange nicht geschrieben, weil ich so sehr viel andere Briefe, auch manches für Mama zu erledigen hatte. – Unsere Correspondenz ist wirklich eine Danaiden-Arbeit u. fange ich an zu verzweifeln daß es uns je gelingen wird diese Last etwas zu verringern. So schlimm wie jetzt ist es aber auch noch nie gewesen. – Man kommt gar nicht mehr durch.
Du wirst auf den Bericht über den Empfang der M. S. gewartet haben. – Ja da ist nicht viel zu erzählen. Mama sah das Blatt kaum an als sie schon sagte, das ist nicht von mir, da muß Jemand mein Papier gebraucht haben um etwas aufzuschreiben.
Als sie nun zu Deiner Lüge kam wurde sie etwas stutzig, – natürlich – spielte anderen tags die Stücke auf mein Anregen durch u. sagte: Das ist gar nicht gewöhnlich, aber von mir ist es nicht; – es könnte vom Papa sein, stellenweise auch von Brahms. – Ich muß ihn einmal darum fragen, er kennt jedes Schnippchen Papier, was wir besitzen. – Nun wollte ich sie animiren um ihm diesen Spaß zu machen, ihm die Blätter gleich zu schicken, da sagte sie, er würde mich nur auslachen wenn ich ihm wegen einer solchen Bagatelle schriebe; ich zeige es ihm gelegentlich.

  Absender: Schumann, Eugenie (1440)
  Absendeort: Habrowan
  Empfänger: Brahms, Johannes (246)
  Empfangsort: Pörtschach
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 3
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Johannes Brahms und seinen Eltern / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-014-8
1459ff.

  Standort/Quelle:*) D-Zsch: 11501–A2 Abschrift (von unbekannter Hand); Quelle – Beilage: Abschrift (von unbekannter Hand) D-Zsch: 11507–A2
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



Wir verwenden Cookies, um Ihnen den bestmöglichen Service zu gewährleisten (Mehr Informationen).
Wenn Sie auf unserer Seite weitersurfen, stimmen Sie bitte der Cookie-Nutzung zu. Ich stimme zu.