23.01.2024

Briefe



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ID: 25855
Geschrieben am: Dienstag 01.07.1879 bis: 10.07.1879
 

Juni 79
Liebe Clara,
Ich schicke hier außer der Sonate auch die Fantasie u. die Novelletten.
{ Erstere schicke doch an Härtel u. bitte sie, nach gemachter Correktur, Dir 2 exemplarmäßige Abzüge zu machen, einen an Dich u. einen an mich zu schicken, weil Dir das bequemer zu lesen wäre u. doch noch Fehler drin zu suchen.
{ Die Novelleten würde ich Dir vorschlagen an Rudorff zu schicken, damit doch endlich eine Mitarbeiterschaft anfängt.
Ich schrieb Dir schon daß ich zwar nichts gegen Bargiel u. Volkland habe, aber auch nichts für Sie. Von R. weiß ich daß er nur gar zu ängstlich u. fleißig revidirt.
Bargiel gegenüber kannst Du betonen daß R. mehr Zeit (d. h. mehr Geld) hat; <nicht so> daß man sich eben weniger zu geniren hat seine Zeit in Anspruch zu nehmen. Wenn Du ihm inliegenden Zettel beilegst – so brauchst Du aber dasselbe nicht erst zu schreiben.
|2| Die Sonate – ja, die liegt auch bei u. da siehe nun zu. Ich fürchte sie ist lang-weilig. Im Finale kannst Du bei vi-de einen Strich machen. Es liegt auch eine Stimme bei – aber wenn sie Dir nicht gefällt, bitte ich recht sehr daß Du sie nicht mit Hermann versuchst.
{ ┌NB┐ Apropos, Hermann hat noch die Solostimme vom Concert; die lege doch bei, wenn Du mir einmal was schickst. Es sind einige NB darin die ich bei der Correktur vielleicht gebrauche.
Ges oder G in „Promenade“ ist eine von den Fragen die Dir nun einmal kein Nachdenken u. kein Kopfzerbrechen kosten sollten. Begreifst Du nicht daß man da den ganzen Tag u. auf jeder Notenseite zu fragen hätte? Auf der letzten Seite der Fantasie frägst Du auch so: ob b statt a:
[Notenbeispiel]
Beidemal ist es ja möglich daß eine Flüchtigkeit vorliegt. Aber |3| ein Fehler ist einmal nicht da u. keine Spur von Ursache oder Recht zu ändern. (Mir ist übrigens nie g statt ges eingefallen u. es will mir auch nicht klingen.)
Armer Ludwig, noch ärmerer Felix! Ich laße die Gedichte noch so bei mir liegen – es wäre mir gar eine große Freude, wenn ich ihm ein kleines Andenken schaffen könnte.
Recht sehr wünsche ich, mehr von dem Fest in Bonn zu hören. Ich weiß nämlich nichts als Dein beiläufiges Wort. Ist etwa ein Musikfest mit der Enthüllung verbunden?
Und wie soll ich aktiv dabei sein? So große Freude u. Genugthuung mir es wäre – ich weiß nicht, wie?
An Gelegenheits-Verse u. Musiken denkt man (oder ich) nicht gerne u. für |4| ein Fest würde diesmal nicht wie beim vorigen ein Stück von mir paßen. Außer für das Violinconcert möchte ich mich doch auch nicht gern als Dirigent neben Joachim stellen u. vor Wasiel. drängen!
Am Schönsten wäre freilich wenn mir was Gutes zur Enthüllung einfiele. Aber für solchen Zweck gehört vielleicht weniger Gutes, aber mehr <Hesch> Geschicklichkeit u. Leichtigkeit als ich habe. Mir ist es ein gar so sonderbarer Gedanke wenn der kleine dem großen Musiker zu Ehren singen soll. Nun, einstweilen möchte ich überhaupt erfahren was beabsichtigt wird.
Aber vom aller-Wichtigsten habe ich noch nicht geschrieben – vom neuen Opus! Da müßte ich aber die Feder neu schneiden u. neues Papier nehmen – laß ich es lieber beim Dank daß Du es mir mitgetheilt – ich spielte es mir dafür auch mit aller Feierlichkeit vor u. dachte mir wie Hübners innig dadurch erfreut sein mußten!
In aller Liebe Dein Johannes.
Laß aber doch mein Opus nicht das letzte im Brief sein, daß es nicht auch zu kurz kommt!
[Beilage 1:]
|1| Falls Hr. Rudorff, wie ich annehme sehr gern die Novelletten einmal durchsehen wird, so bitte ich ihn insbesondere seine Meinung zu äußern wie es mit der Numerirung zu halten sei.
Ob man etwa S. 35 in Klammer setzte: (No 7) S. 38 (No 8) S. 44 oben (N. 9) Fortsetzung u. unten (No 10) (statt der Schumannschen No 6)
S. 37 fehlt das rückzeigende Rep. Zeichen. Ich denke aber man läßt es so; es müßte eine Note ergänzt werden, wie ich auch beim Spielen thue, das geht |2| aber im Druck nicht u. so müßen wir’s wohl gehen laßen.
Ich habe kein älteres Ex. hier u. kann daher einige fragl. Fehler nur mit ? anmerken.
Hr. R. überrascht uns jetzt vielleicht mit einer Menge übersehener Fehler!
Mit bestem Gruß
JBr.

  Absender: Brahms, Johannes (246)
  Absendeort: Pörtschach
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Empfangsort: Düsseldorf
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 3
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Johannes Brahms und seinen Eltern / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Thomas Synofzik / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-014-8
1511-1515

  Standort/Quelle:*) Mus. Nachl. Schumann, K. 7,171
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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