12.3.1875, Elberfeld
Meine Ruh ist hin, seit ich von Dir geschieden bin; ein Wirbelwind von Gastfreundlichkeit hat mich erfaßt und bereits in drei verschiedene Häuser hineingeschneit. (…) Mein goldenes Genchen, Dein Brief hat mich unendlich gefreut, daß Du gut geschlafen ist mir mehr als Freude, denn daran mußte ich immer denken. Die Probe gestern war den Umständen angemeßen, recht schlecht, das liebe Orchester einigte sich bei jeder neuen Nummer schon im 4t od 5t Tact und war gewiß nicht immer auf der Höhe der Situation. Meine dritte Arie bleibt weg was mir sehr leid thut es bleibt aber sehr viel weg und ich kann nichts sagen. Frau Pilatus und die Mägde werden auch übergangen. Diesen Morgen ist noch eine Soloprobe die sehr nöthig ist denn die Tempis sind meist verfehlt. Frau Fellinger sprach mich an in der Probe und machte mir Elogen. Henschel ist sehr nett ebenso Assmann, Otto singt seinen Part herunter und hat für andere Dinge keine Augen.
Wenn Du auch nicht auszählst ich zahle doch unausgesetzt die Stunden die mich noch von Dir trennen um so mehr als die vollendete Ruhelosigkeit, welche alle Tage in Eins zusammenschmilzt und keine Besinnung zuläßt, die Sehnsucht nach dem Zelteneckzimmer immer mehr concentrirt.
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