Briefe
ID: | 25913 | ||||
Geschrieben am: | Mittwoch 09.06.1875 |
Wärend ich dies schreibe langst Du eben in Kiel an und hast die Reise wie ich hoffe recht gut überstanden, es war recht kalt die Nacht, hast Du Dich auch nicht erkältet? Den Schlüssel habe ich diesen Morgen besorgt. der Brief an die Breiderhoff lag im Courier, Deine Handschuhe auf meinem Tisch, und ich bin ganz Faßungslos, ich kann nicht arbeiten, nicht singen, bin wie ein Kind, ich möchte nach Hause und nur nach Hause Berlin ist mir ein Gräuel wenn Du nicht hier bist, und die Zeit schleicht hier, zu Hause vergeht sie schneller. Die nächsten Wochen sind mir undenkbar heute noch; ich bin es Dir jedoch schuldig meiner Stimmung Herr zu werden und will gewiß arbeiten bis zu dem Tage der Erlösung, ich muß nur die ersten Tage überwunden haben. Ich ärgere mich über Jeden der den Gang zu meiner Thür hier geht denn ich weiß ja, daß Du nicht klopfen wirst, mein liebes Genchen! Ist das ein Katzenjammer! ich jammere ihn ohne Rückhalt (…) wenn ich eine weinerliche Natur wäre so würde ich Bäche weinen, so sehe ich entsetzlich grantig aus und bin in der schrecklichsten Stimmung. Die Seeber übt ein Lied ohne Worte mit andauerndem Pedale, die Fuchsia dagegen wird ganz rosig in zwei Tagen sind die ersten Blüthen offen. Pfui! es ist nun mir sehr egoistisch Dir solches vorzusingen, Stimmungen laße ich doch im gewöhnlichen Leben nicht gelten und wenn Du fort gehst sollten sie mich auch nicht übermannen, aber ich bin weich und schwach geworden. Du warst viel, viel zu gut für mich. |
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Absender: | Fillunger, Marie (2260) | ||||
Absendeort: | Berlin | ||||
Empfänger: | Schumann, Eugenie (1440) | ||||
Empfangsort: | |||||
Standort/Quelle:*) | A-Wn,s.979/2-1 | ||||
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla |
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