Briefe

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	ID:
	25924
	 
	
	
	 Geschrieben am: 	
	Dienstag 29.06.1875 

	
  
	
			
				 Mein liebes Genchen! Ob ich nun in Gemeinschaft mit neuen, mehr oder minder unterhaltenden Colleginen eine Landpartie mache – so gestern nach Mittag -, oder mit Collegin Hohenschild im Theater über die „Herzogin von Gerolstein“ lache, wie heute Abend, immer ist das Ende aller meiner Gedanken das Ziel aller Wünsche, bei Dir sein zu können und denke Dir heute wäre ich beinahe der Versuchung erlegen. Ich hatte meine letzte Singstunde, Schulze rief mich erst in sein Zimmer und sagte mir ich sollte in Münster am 8t August in der „Athalia“ und der neunten Simphonie und Liedern für 400 Mark singen, ich combinirte rasch daß ich den Juli im Seebad Kiel zubringen könnte und zum August nach Münster gehen aber ebenso rasch combinirte meine Vernunft welche einen im August fraglichen Erfolg nicht einen Monat zu Hause aufopfern wollte und ich bat Schulze für mich zu danken. Morgen ziehe ich nach Hause! Du erhältst mit diesem Brief zugleich ein Buch welches Du am Meeresstrande lesen mußt – den zweiten Band schicke ich erst lesend auf der Heimreise auf und sende ihn Dir von Wien – laß Dich durch die Berechnungen und wißenschaftlichen Floskeln nicht abschrecken es ist sehr unterhaltend besonders wenn Du Dir eine gute Seekarte dazu nimmst was Du in Kiel leicht bekommen kannst, ich wollte Dir eine mitschicken, aber mein Commissionär Herr Kisch brachte keine zustande. Mein liebes Genchen! ich scheide von Berlin, mit der lebhaftesten Erinnerung an unser Zusammensein, es ist der einzige Reichtum den ich mit nach Hause bringe. Deine Liebe und mein Glück mit ihr auch meine Liebe zu Dir; wenn ich Dich nicht gewonnen hätte, wie jämmerlich würde ich abziehen von Berlin?
				
				
	
	
		
	

			 
		
	Absender: 
			 Fillunger, Marie (2260)	
		
	

		   	Absendeort: 
	 Berlin
	

			 
		Empfänger: 
	
			 Schumann, Eugenie (1440)	
	
	

			 
		
	Empfangsort: 
	 

	


	

	
	 
	Standort/Quelle:^*)
	 A-Wn,s.979/2-13
	
	
	 
	
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla


ID:	25924
Geschrieben am:	Dienstag 29.06.1875	Mein liebes Genchen! Ob ich nun in Gemeinschaft mit neuen, mehr oder minder unterhaltenden Colleginen eine Landpartie mache – so gestern nach Mittag -, oder mit Collegin Hohenschild im Theater über die „Herzogin von Gerolstein“ lache, wie heute Abend, immer ist das Ende aller meiner Gedanken das Ziel aller Wünsche, bei Dir sein zu können und denke Dir heute wäre ich beinahe der Versuchung erlegen. Ich hatte meine letzte Singstunde, Schulze rief mich erst in sein Zimmer und sagte mir ich sollte in Münster am 8t August in der „Athalia“ und der neunten Simphonie und Liedern für 400 Mark singen, ich combinirte rasch daß ich den Juli im Seebad Kiel zubringen könnte und zum August nach Münster gehen aber ebenso rasch combinirte meine Vernunft welche einen im August fraglichen Erfolg nicht einen Monat zu Hause aufopfern wollte und ich bat Schulze für mich zu danken. Morgen ziehe ich nach Hause! Du erhältst mit diesem Brief zugleich ein Buch welches Du am Meeresstrande lesen mußt – den zweiten Band schicke ich erst lesend auf der Heimreise auf und sende ihn Dir von Wien – laß Dich durch die Berechnungen und wißenschaftlichen Floskeln nicht abschrecken es ist sehr unterhaltend besonders wenn Du Dir eine gute Seekarte dazu nimmst was Du in Kiel leicht bekommen kannst, ich wollte Dir eine mitschicken, aber mein Commissionär Herr Kisch brachte keine zustande. Mein liebes Genchen! ich scheide von Berlin, mit der lebhaftesten Erinnerung an unser Zusammensein, es ist der einzige Reichtum den ich mit nach Hause bringe. Deine Liebe und mein Glück mit ihr auch meine Liebe zu Dir; wenn ich Dich nicht gewonnen hätte, wie jämmerlich würde ich abziehen von Berlin?
Absender:	Fillunger, Marie (2260)
Absendeort:	Berlin
Empfänger:	Schumann, Eugenie (1440)
Empfangsort:


Standort/Quelle:^*)	A-Wn,s.979/2-13
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla