Je öfter ich Deinen Brief überlese desto mehr leuchtet mir der Vorschlag ein, zuerst riefs in mir nein. Man hat dies so lange vorausgesagt und mein Opositionsgeist sträubte sich gegen die Erfüllung dieser Prophezeiung, aber nun glänzt das schöne Ziel, ich will dahin gelangen. Kann ich nicht mein
Gewissen damit beruhigen daß ich meinen Entschluß allen mittheile. Gestern machte ich meinen Besuch bei Schulze, traf aber nur die Frau, bei Joachim traf ich nur die Kinder. Von der Protection dieser Leute erwarte ich mir nichts, aber sie sollen nicht den Schuft aus mir machen, den sie gerne in mir sehen möchten. Ich werde also (schreibe mir umgehend ob Mama dies gut findet und was Du
denkst) an Stockhausen schreiben und ihn fragen und dann zu Joachim gehen und ihm oder ihr meinen Entschluß mittheilen, ebenso Schulze es sagen und darauf anfangen. Wie schön mit Dir die Stunden zu haben Genchen und Lieder möchte ich nun endlich auch studiren. Zu Stockhausen gehen und mündlich die Sache abmachen widerstrebt mir, ich kann ihn mündlich nicht so directissime drum angehen und auch nicht so unverblümt die Wahrheit von ihm erfahren, auch ist mir die etwaige Fr Gemahlin dabei störend. Also schreibe mir darüber, ich dachte ihn zu fragen ob er überhaupt Lust hätte mit mir zu arbeiten und was er von mir halte welche Hauptfehler er mir vorwerfe u.s.w. Es ist der einzige Schritt der mir zu thuen bleibt und ich möchte ihn mit allem Bewußtsein thuen. (…)
Ach Genchen, kommst Du noch nicht? soll ein halbes Jahr draus werden? Beiliegende Haarnadeln zeige Mama, es sind Spitzennadeln, ich bekomme noch feinere aus Wien ich hatte von da welche mitgenommen um sie Mama zu bringen, Lisl sah sie aber bei mir und da gab ich sie ihr ohne ihr zu sagen für wen sie bestimmt waren.
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