23.01.2024

Briefe



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ID: 26004
Geschrieben am: Donnerstag 19.04.1877
 

19.4.1877, Berlin
Mama ist also da, gestern morgen lief ich herunter und traf eben am Thor Marie die per Droschke ankam, wir arbeiteten sofort mit vereinten Kräften am Auspacken und in kurzer Zeit waren die Londoner Koffer weggeschafft. Abends ging ich dann mit Marie zur Bahn und holten wir Mama. Mama war sehr streng mit mir und endlich kam ich auf den Grund, sie meinte sie hätte von Dir drei Briefe gehabt Du hättest keine Zeit gehabt da Du mir so viel geschrieben, ich war sehr erstaunt und verlegen wie Du Dir denken kannst. Ferdinand hetzte auch und so lies ich die Sache ruhen, heute kam ich schon wieder in's Geleise mit Mama sie war wieder wie immer gegen mich. Bitte schreibe darüber
nicht wir wollen die Sache von der komischen Seite nehmen. Ihr seid ja doch alle dieselben Schumanns, dieselben lieben Menschen mit denselben Eigenthümlichkeiten und ich bin ruhig genug auch Dir gegenüber diese in jeder Form wieder zu erkennen. Du Esi! schreibst mir ich sollte gegen Marie oder Mama ja kein Wort erwähnen von Deinem Kummer über F<erdinand>. nun fragt mich
gestern Marie sofort danach und wie ich leugne ist sie sehr erstaunt, ich leugnete aber doch noch. Wenn ich sage Mama war streng so meine ich nicht unfreundlich gar nicht aber eine gewisse Zurückhaltung und Unbehagen daß ich überhaupt existiere. Ich kenne das, ein ganz bestimmtes Gefühl habe ich dafür. Heute Früh war ich wieder da und da war es schon viel beßer. Mama sieht gut
aus, sie kommt mir immer jünger vor wenn ich sie lange nicht gesehen habe, das macht daß ich sie in der Erinnerung immer in ruhiger Lage denke, wärend sie doch in Wirklichkeit stets in Bewegung ist. Nun mein Katzi zu den Geschäften, Mama und Marie finden die Kleidersendung unnöthig, das graue Kleid viel zu schlecht und das Leinenkleid zu leicht also Kind kann ich Deinen Wunsch nicht erfüllen.
( ...) Die Messe von Beethoven ist nun heute mit der Lehmann angekündigt wozu hat der Kerl denn Frau Joachim gesagt ich sollte es singen. Freilich ist es ein wohlthätiger Zweck und Moltke ist Protektor aber der Grund genügt nicht um eine Kgl. Kaisl. Sängerin engagieren zu müßen.

  Absender: Fillunger, Marie (2260)
  Absendeort: Berlin
  Empfänger: Schumann, Eugenie (1440)
  Empfangsort:

  Standort/Quelle:*) A-Wn, s.: 979/10-6
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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