3.5.1877, Berlin
Gestern hörte ich die Brandt in den »Maccabäern« und war entzückt Sie ist großartig in der Partie, schön und gut sie rührte mich mehrmals zu Thränen, in der Oper gelingt mir das Weinen selten oder nie. Mama spielt nebenan die »Pathetique«, da läßt sich schwer schreiben. Mama ist so gut mit mir nur selten mal ein bischen streng ich möchte sagen mißtrauisch.
Marie immer ablehnend ich wollte die Lampen übernehmen jetzt in den Tagen Marie giebt es nicht zu ich werde es aber thuen d.h. nochmal den Vorschlag machen in Mama's Gegenwart, denn Amalie kann nicht fertig werden.
Lisl kommt um 1. Uhr. Heute Abend kommen Stockhausens. Marie ist im bedenklichen Pulverfaßstadium so daß ich sogar die Funcken meines Witzes wahre damit sie nicht los geht. Mama ist immer unbeschreiblich auch ihr gegenüber, Mama ist doch so leicht erregt aber nun stellt sie alle kleinen Staatsaffairen als gracieuse Spässchen hin und versucht Marie abzukühlen, die schlägt aber aus wie eine geladene Leidner Flasche. Du kannst Dir denken wie ich mich in diesem Wirbel herumdrehe möglichst gelassen aber drehen muß ich mich doch. Ein kleiner Conflickt ist heute noch. Mama will H<erzogenbereg>s abholen von der Bahn, ich meinte das sei für H's wahrhaft beschämend
und bot mich an sie abzuholen, Marie steckt natürlich in der Küche bis über den Hals, Marie legt mir dies aber als Eigenliebe aus daß ich H.s zuerst und allein haben wollte, woran ich gar nicht gedacht hatte - nun muß sich Mamachen abhetzen jetzt hat sie noch Stunde will dann weglaufen und kein
Droschkerl nehmen, sondern Pferdebahn und von da recht laufen nach dem Bahnhof.
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