23.01.2024

Briefe



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ID: 26420
Geschrieben am: Samstag 18.07.1891
 

18.7.1891, Adelaide
Heute kommen wir an das 25. Concert und sind somit schon ein gut Stück auf dem Bergab-Wege - 20.21.22 Juli haben wir hier Concerte und dann geht es zurück nach Melbourne für das letzte. Wir hatten die Reise von Sidney bis hier in zwei Nachtreisen gemacht und dazwischen einen Tag und Nacht Ruhe in Melbourne gehabt, es ist furchtbar weit und die Züge stets überfüllt. Ich würde
solch eine Reise gar nicht merken aber Lady H. reist mit solchen Umständen und immer zwei bis drei Bestien wie die Sarah Bernhard. Wir hatten 17 Stücke Handgepäck, zwei Vogelbauer und einen kranken Hund. Die Maide muß nach alledem sehen und Lady H. ist auf jeder Reise unausstehlich. z.B. behauptet sie stets kein Auge zuzuthuen im Schlafwagen, und ich liege doch allemal über ihr und höre sie nicht die leiseste Bewegung machen, ich glaube es nicht aber sie nimmt es fast übel wenn ich ihr sage ich hätte herrlich geschlafen. Wenn wir reisen da komme ich wieder auf meinen ersten Eindruck von den Beiden, ungebildet, verwöhnt und rücksichtslos. Ich werde aber ganz gut fertig und ziehe mich in solchen Momenten zurück. Es ist ein Glück daß die Concerte mit der Altistin vorüber sind in Newcastel hat der Kerl unser Agent seine letzten Sprünge mit ihr gemacht und hat z.B. große Plakate in den Straßen gehabt, nur mit ihrem Namen von Hallés gar keine Spur als ob es ihre Concerte wären. Newcastle ist nur eine kleine Stadt mit Kohlengruben und wir lachten darüber, aber die ganze Geschichte war so frech betrieben daß man wirklich staunen mußte über Sir Ch's dumme Nachgiebigkeit, sie (Lady H.) hat ihn ganz genügend bearbeitet, aber es kam nie zu irgend einer That von seiner Seite und es ist ein wahres Wunder daß wir das Gesindel doch noch los geworden sind. Ich freue mich, erst wieder auf die Melbourne Concerte. Wir haben am 27. Juli ein Wohltätigkeitsconcert für die Überschwemmten es war furchtbares Unglück hereingebrochen durch Fluthen und man rieth allgemein dazu. Wir haben sofort zugesagt und geben wir drei Concerte allein, ich habe nur noch einen Organisten der mir die Kirchenarie von Stradella begleitet. Es werden noch 15 Concerte in Melbourne sein. Wenn also Alice dem Kampfe in England nicht gewachsen ist so geht sie hier unter und keine Hand wird ihr gereicht. Sir Ch<arles> wird nichts thun, ich erinnere ihn immer wieder aber er ist zu alt und hat keinerlei Interessen für junge Musiker. Mir thut die Frau oft leid, denn sie hat noch gehörige Lebenskräfte und reibt sich auf darin. Wenn er nur seine Patience-Karten hat! (noch ein Kerl dabei!) Mein Adorateur in Melbourne war wieder sehr nett aber es hat keine Gefahr. Es ist nur ein guter Tausch für den elenden kleinen Kerl den wir als Agent hatten in diesen fünf Wochen, ein kleines Mistvieh den man nicht mit der Zange anfassen möchte. Wärend mein Mr Law stets als gentleman erscheint und in jeder Weise als solcher handelt. Es scheint daß die Auslagen der Concerte so exorbitant sind daß die Hallé's nicht sehr großen Gewinn haben werden obwohl sie gegen 6000 Pfund einnehmen werden in 45 Concerten. Etwa die Hälfte oder noch mehr geht darauf das macht nur etwa 60 Pfund für Beide. Dafür brauchten sie nicht nach Australien zu gehen. Es kommt vielleicht nur mir zu Gute. Sie wollen Beide meine Stellung in England fördern und darauf rechne ich auch.

  Absender: Fillunger, Marie (2260)
  Absendeort: Adelaide
  Empfänger: Schumann, Eugenie (1440)
  Empfangsort:

  Standort/Quelle:*) A-Wn, s. 980/19-3
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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