23.01.2024

Briefe



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ID: 26422
Geschrieben am: Sonntag 09.08.1891
 

980/19-7
9.8.1891, Melbourne
Diese Woche hatten wir 5 Concerte und zwei davon in Bendigo oder Sandhurst in den Blue Mountains. Es ist ein Goldgrund da und die ganze Gegend ist dadurch nicht verschönert. Im ersten Concerte kam ein alter Herr in's Künstlerzimmer und frug uns ob wir gerne seine Goldgruben sehen wollten was wir gerne annahmen und am nächsten Tage kam er um 12 Uhr mit zwei Wagen und führte uns: Sir Charles, Lady Hallé und Mr. Rose (von Broadwood) und mich erst nach seinem Hause, welches mit einem kleinen Garten in Mitten einer Sandwüste steht. Das Haus ist schrecklich und will ich über dessen Beschreibung keine Zeit verlieren. Z.B. macht Niemand Musik es stehen aber im
Musikzimmer drei Claviere, eine Orgel, ein Harmonium, Harfe und alle Arten Musikdosen. An das Haus angebaut sind die Dampfhämmer die die Steine aus den Gruben zu ganz feinem Sand zerstampfen, dieser Sand wird mit Wasser durch einen Behälter mit Quecksilber geschwemmt und der Goldstaub amalgamirt sich mit dem Quecksilber und wird über eine leicht gesenkte schiefe Ebene abgeschwemmt wobei immer noch Gold an dem Siebe hängen bleibt. Die Machine arbeitet Tag und Nacht und nur einmal die Woche wird das Gold aus der Rinne mit dem Quequsilber herausgenommen; Berge werden so zu Sand verstampft und der silbergraue Sand ist nach allen Seiten hoch aufgeschichtet. Ein Hammer wurde für uns gestoped und das Amalgam herausgenommen, es ist kein Gold zu erkennen da alles mit Quequsilber überzogen ist es fasst sich an wie zäher Teig. Die Verdampfung des Quequsilbers hat man uns nicht gezeigt. Unser Goldmensch braucht jede Woche über 50 Pfund Quequsilber was ganz verloren geht. Als wir dies gesehen hatten gingen wir zwei englische Meilen tief unter die Erde zu viert in einem eisernen Käfig. Die Reise dauerte 2 1/2 Minuten und war keineswegs unangenehm wir sahen drei verschiedene Schachte, einer davon soll augenblicklich sehr viel Gold halten, wir sahen aber nichts, die Arbeiter gaben uns aber jedem einen Stein und darin sieht man Gold, ich bringe ihn Dir mit. Nachdem ich die Grube gesehen verstand ich erst die Zerstampfung der Steine. Sie sprengen oft wochenlang ehe sie zu dem Gestein gelangen welches Gold führt und nur dieser wird dann zerstampft. Es war höchst interessant, Landsell heißt unser Goldmensch, er hat zehn oder zwölf Gruben und soll fabelhaft reich sein, ist ganz ungebildet und versteht nichts als seine Goldgraberei. Er ist alt und hat eine ganz junge Frau und fünf kleine Kinder. Er hatte ein Haus in Melbourne und London, hält es aber nirgendwo aus als bei seinem Golde und so kauft er alles was für Gold zu haben ist ohne irgendwelchen Geschmack und sitzt damit auf seiner Grube. Die Frau ist gleich ungebildet und die Kinder höchst verwöhnt. Ich bin sehr froh daß ich dies doch noch gesehen habe, in Ballarat wo der Staat die Ausbeute besitzt kamen wir nicht dazu. Nun ist die letzte Woche hier 6 Concerte und ein 7tes und letztes am 17ten August. Es ist höchste Zeit für Sir Charles daß es zu Ende geht er würde es nicht mehr lange aushalten. Es ist auch furchtbar da er alles begleitet und folglich mit den unmäßigen Encores jeden Abend etwa 12 mal auftritt. Lady H. hält sich tapfer sie ist trotz der Concerte viel wohler als zu Anfang derselben. Diesen Freitag schicken wir schon unsere Sachen hier auf's Schiff und gehen dann den darauffolgenden Dienstag Nachts nach Adelaide. Dadurch daß wir hier 25 Concerte hatten, habe ich alles hier gesungen, was es nur giebt und nun wiederholt was man verlangte. Ich habe dabei mein Repertoire sehr vergrößert und bin nun mit allem vorgesehen für England. Ich bereue keine Stunde dieser Reise wenn auch auf die Länge die Beiden H<allé>'s mich sehr langweilen. Auf dem Schiff ist das nicht so schlimm da gehe ich ganz meiner Bequemlichkeit nach und dann ist jeder Tag dort ein Gewinn und die zweite Hälfte der Reise ist so voll Abwechslung da geht es dann noch schneller.
(...) Wir gehen 19. August von Adelaide, 3. Sept. Colombo, 12. Sept. Aden, 21. Sept. Brindisi.

  Absender: Fillunger, Marie (2260)
  Absendeort: Melbourne
  Empfänger: Schumann, Eugenie (1440)
  Empfangsort:

  Standort/Quelle:*) A-Wn, s. 980/19-7
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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