23.01.2024

Briefe



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ID: 26607
Geschrieben am: Donnerstag 24.10.1833
 

Leipzig, den 24. Oktober 1833
Lieber Schwager,
wir müssen uns einmal wieder in Erinnerung bringen, sonst kennst Du uns nicht mehr, wenn wir wieder nach Paris kommen. Doch sey darüber nicht ängstlich – wir werden dich so sehr nicht abhalten, wie wir gethan, denn 1. sind wir nun schon bekannter, 2. spricht Clara ziemlich fertig französisch u. 3. müssen wir zuvor nach dem Norden; und Clara, welche bereits schon groß geworden, wird unter der Zeit ganz zu Verstande kommen. Auch wird dieselbe durch ihre Compositionen dann leichter einzuführen seyn, und vielleicht allgemein beachtet werden. Sie schreibt jetzt ein großes Concert, was die Aufmerksamkeit der Kenner auf sich zieht. Pixis mit Francilla gab hier Concert. Clara spielte darin mit Pixis ein Duo, was er in Paris mit Chopin u. in London mit Moscheles gespielt hatte. Francilla gefiel sehr und P. wird hier sehr geehrt wegen seiner Compositionen. Nun kommt es aber erst heraus, daß ich Dir einen Mahnbrief schreiben will. Wir haben vergebens nach den Bildern von der Clara ausgesehen. Das möchte aber alles seyn, aber warum hält der Verleger hier keinen Vorrath? - - - Diese Woche wurden wieder mehrere verlangt – allein es sind schon seit einem Jahre keine mehr zu finden. Die hergeschickten haben sich gleich verkauft, obgleich die Commissionäre sich beredet zu haben schienen, es nicht öffentlich anzukündigen und bekannt zu machen. Kannst Du es denn wenigstens nicht auswirken, daß der Verleger mir 1 Dutzend in Commission gibt? Auf jeder Reise könnte ich dann verkaufen. Wir haben nun bereits 40 eigene Concerte gegeben und uns ziemlich umgesehen. Jetzt zu Weihnachten communiciert Clara, dann machen wir einen Abstecher nach Nürnberg und dann bringe ich Clara auf einige Monate in ein Institut, wo nur französisch und englisch gesprochen wird, und wo sie bei Kapellmeister Reissiger die Instrumentation studieren und bei einem Italiener singen lernen soll.
Was macht Herr Leo? Kannst Du mir gelegentlich melden, ob der deutsche Kaufmann, M. Tillmann, welcher sich so sehr für uns interessierte, noch in Paris lebt? Die Cholera ist also bei Euch wieder ausgebrochen? – Nach London gehen wir nicht; was ist da für Musiker zu hoffen, ausgenommen Theatersänger? Unser Musikhändler Probst ist bei Kalkbrenner in der Handlung. Wie lange soll dieser pröbstliche Egoist der Welt mit dem feinsten E. der Welt, genannt Kalkbrenner auskommen? - - - Wenn Du etwas merkwürdiges von ihnen erführest, so theile es mir gütigst mit.
Du bist also nicht zu uns gekommen, ein Beweis, daß man dich nicht fortläßt. Nun, so müssen wir schon noch einmal hinkommen, wenn uns Gott das Leben erhält. Clara und meine Frau lassen dich grüßen und wünschen Dir mit mir bald eine Frau, welche Dir in künftigen Fällen als Ideal sitzen kann.
Leb wohl
dein
Fr. Wieck

  Absender: Wieck, Friedrich (1709)
  Absendeort: Leipzig
  Empfänger: Wieck, Clementine (1708)
  Empfangsort:

  Standort/Quelle:*)
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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