Meine liebe Frau Schumann,
dass wir an diesem Tag mit besonderer Liebe Ihrer gedenken, u Ihnen unsere innigsten Wünsche schicken brauche ich Ihnen kaum zu sagen; u wenn es nun brieflich geschieht, so ist es gewiss nicht Mangel an Theilnahme u herzlichster Freude; aber ich fühle dass ich zu wehmüthig gestimmt wäre; ┌persönlich dabei zu sein┐ ein Gefühl das Sie an diesem Tag nicht kennen sollen. Alle Ihre lieben Kinder u Grosskinder können sich |2| freuen Sie so gesund u frisch in ihrer Mitte zu besitzen; Gott gebe, dass Sie noch viele Jahre diesen Tag zusammen feiern dürfen.
Die Stunden die ich mit Ihnen zubringen durfte, habe ich so sehr genossen, schade dass das Vergnügen so<> bald ein Ende hatte, ich hoffe sehr nächstes Jahr länger mit Ihnen in Baden zusammen zu treffen; ┌wir┐ zählen auch ganz bestimmt auf Ihren lieben Besuch im neuen Heim. –
Wie es uns allen geht haben Sie bereits von Genchen erfahren; wir |3| vermissen sie alle sehr[;] die 10 Tage in Basel sind gar zu rasch verflogen. Bei dem herrlichen Wetter werden Sie Baden noch recht geniessen, diese herrlichen Wälder, möchte ich einmal recht durchstreifen können. – Nächsten Montag reisen wir also nach Sitten, wenn nicht meine Schwester Jenny so sehr der Ruhe bedürfte, ich würde lieber zu Hause bleiben, wir waren so gewohnt den September u Oktober immer mit Mama in Sitten zu verleben, dass mir der Aufenthalt ohne sie jetzt entsetzlich ist; aber es muss sein. –
|4| Habe ich Ihnen mit der Decke wohl eine kleine Freude gemacht? auch ein bischen Ihren Geschmack errathen?
Genchen erzählt mir hoffentlich recht ausführlich wie Sie den Tag verbrachten; bitte die herzlichsten Grüsse von uns Beiden an All die Ihrigen; in aufrichtiger Liebe Ihre treu ergebene
Loucky Vonder Muhll
12 September 1889.
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