Franzensbad 16/8 89.
Liebste Frau Marie!
Sogern [sic] hätte ich Ihren lieben Brief gleich beantwortet; er freute mich in einer Hinsicht so sehr – daß Sie nun endlich in dem ersehnten Hafen eingelaufen, andrerseits hätte ich Sie gern etwas getröstet über die Versetzung, so leid es mir auch für Sie thut, daß Sie Ihr eben eingerichtetes Heim verlassen mußten. Ich glaube aber, für Ihre nächste Zukunft, für die Studien, die Sie, wenn Sie nicht auf Reisen sind, zu machen haben, |2| ist es gut, daß Sie an einem kleinen Orte sind, Ihre Zeit und Kräfte werden nicht durch gesellige Ansprüche zersplittert, und, Anregung finden Sie ja auf Ihren Reisen genug. Ich will nur wünschen, daß Sie wirklich nächsten Winter reisen können!
Von uns kann ich Ihnen nur teilweise Gutes sagen, ich leide viel an Körperschmerzen, mehr als je, vielleicht aber etwas aufgerührt durch die Bäder, |3| wie der Arzt glaubt. Marie ist sehr wohl und von Eugenie habe ich aus der Schweiz ebenfalls die besten Nachrichten: sie ist dort mit der Fillunger, die wie Sie wohl gehört haben, in London recht gut reüssirt hat.
Hier bin ich nun fertig mit der Kur und wollen wir am 19ten abreisen nach Baden-Baden, nicht nach Ober-Salzberg, dem zu entsagen mir recht schwer |4| geworden ist. Ich kam eben so spät hierher und nun verlohnt es sich nicht mehr die große Reise.
Zum Schluß, liebe Soldat (so sage ich gern noch einmal) erinnere ich Sie, daß, sollten Sie nächsten Winter in Frankfurt spielen, das Fremdenzimmerchen bei uns für Sie bereit ist. Ich möchte, ich könnte einmal in Ihre kleine Wirthschaft hineinkucken! aber nicht zu sparsam, Liebste, seien Sie als Hausfrau, was die Küche betrifft, Sie müssen Sich immer gut nähren, sonst behalten Sie keine Kräfte für die geliebte Geige, die nun doch einmal Ihr erstes Ich ist.
Herzlichsten Gruß, auch Ihrem lieben Manne unbekannterweise von Ihrer treuen Clara Schumann
|