Guebwiller d. 17ten Nov.
Verehrte liebe Frau von Pacher,
Ihr lieber Brief hat mir eine ganz unbeschreibliche Freude gemacht, und komme ich heute, um Ihnen dafür aus ganzem Herzen zu danken, und zugleich meine innigsten Wünsche für Ihr Namensfest beizufügen; ich möchte Ihnen vor Allem wünschen, recht heiter diesen Tag zu begehen, doch weiß ich nur zu gut, daß so freudig dieses Fest früher für Sie und Ihre Familie war, so traurig ist es jetzt, und daß besonders an diesen Tagen die Erinnerung an Ihr geliebtes Kind doppelt schmerzlich in Ihnen erwachen muß; Da vermögen menschliche Wünsche keine Linderung zu schaffen, und das Einzige was ich für Sie thun kann, geliebte mütterliche Freundin ist, den himmlischen Vater zu bitten, daß er Ihnen immer mehr Kraft geben möge, Ihren unersetzlichen |2| Verlust zu tragen, und es nach und nach ein wenig ruhiger in Ihnen werden lasse; Verzeihen Sie, wenn ich durch meine Worte, eine schmerzliche Saite berührt habe, aber auch ich denke so viel an unsere herzige geliebte Cilla, daß ich ┌nicht┐ umhin konnte mit Ihnen davon zu sprechen!
Wie dankbar bin ich Ihnen, verehrte Frau, für alle die Liebesversicherungen, die Sie mir in Ihrem Briefe geben, ich kann Ihnen nicht sagen, wie wohl es mir thut, zu wissen, daß ich doch noch einen kleinen Platz bei Ihnen habe, und ich bitte Sie, daß, möge kommen was da wolle, Sie mir stets Ihr Vertrauen bewahren, und nie an meiner aufrichtigen Liebe und Dankbarkeit zweifeln möchten. – Hedi’s Brief habe ich heute früh erhalten, und werde den Einschluß von Frl. Emilie noch heute an Mama befördern; die letzten Nachrichten die ich von ihr erhal-|3|ten, waren aus Münster in Westphalen, wo sie sich drei Tage aufgehalten <hat,> und wie mir Marie schreibt, ein sehr brillantes Concert gegeben hat, das unter einem großen Blumenregen geendet; Von dort aus wollte sie auf zwei Tage nach Hannover und seit letztem Donnerstag vermuthe ich sie in Hamburg, wo sie wohl<an> einige ┌Zeit┐ bleiben, und mit Stockhausen mehrere Concerte geben wird; wo sie von da aus hingeht weiß ich nicht, jedenfalls aber werde ich zu Weihnachten mit ihr und Marie in Düsseldorf sein. Hedi wird Ihnen gesagt haben, daß ich noch bis Ende December hier bleibe, und auch wie froh ich darüber bin, ich dachte mit recht schwerem Herzen an diesen Winter, denn ich freute mich gar nicht zu Bendemanns zu kommen; es ist vielleicht sehr unrecht von mir, denn ich weiß, wie gut es die ganze Familie mit |4| mir meint, und welches Opfer sie bringen, indem sie mich zu sich nehmen. Auch habe ich den ernsten Willen, sie Alle recht lieb zu gewinnen, doch wo einmal die Sympathie fehlt, da ist es schwer sich zurecht zu finden, und sich wohl zu fühlen. Nun ich hoffe die drei Monate nach Weihnachten vergehen schnell, und so Gott will, werden wir im April wieder in unserem Lichtenthaler Häuschen vereint sein; Mit trübem Herzen denke ich daran wie es ohne die Kinder sein wird; gewiß oft recht einsam, mir besonders, denn sie waren mein ganzes Leben, und meine liebe kleine Eugenie mir wie eine Freundin, Gott erhalte sie uns auch in der Ferne froh und kräftig, das ist mein größter Wunsch.
Ich muß schließen, da ich vor dem Abgang des Courier noch einige Zeilen an Mama schreiben will. Leben Sie wohl, liebe theure Frau, und schenken Sie an Ihrem Festtage Ihre Gedanken einen Augenblick
Ihrer Sie innigverehrenden
Julie.