Baden-Baden d. 10 Aug. 1870.
Lichtenthal 14.
Liebe theuere Emilie,
hab Dank für Deine lieben Zeilen die mich herzlich erfreuten. Wie gern käme ich mit Euch, doch habe ich verschiedene Bedenken, das Eine aber besonders, daß schon vorigen Winter Joachim mich dringend bat den Sommer nach Salzburg zu kommen, ginge ich nun in die Nähe und käme nicht hin, so sähe das unfreundlich aus, – wäre Alles wie’s sein sollte, so |2| könnte ich eine Zeit mit Euch, die Andere bei ihm zubringen, doch habe ich ein ganz bestimmtes Gefühl welches mir sagt nicht hinzugehen, aber auch nicht in die Nähe. Schrifftlich kann ich Dir die Gründe nicht, (oder mag es vielmehr nicht gern) mittheilen. Es wäre mir aber sehr nöthig fortzugehen und frische, kräftige Luft zu haben – für Moritz ist es jetzt zu spät! Aber, man hat so gar nicht den Sinn für’s Reisen, möchte nur immer vom Krieg hören! Seit drei Tagen warten wir jetzt auf Nachrichten, was nach dem Sieg bei Weissenburg |3| geschehen. Das Stillschweigen ängstigt Einen! – Die Gräuel die man hört sind entsetzlich, die armen Soldaten wie haben sie gelitten – vor einigen Tagen wurden von hier 10 Wagen voll Lebensmittel abgesandt, weil es fehlte! wenn man daran nur denkt, daß die Menschen, die ihr Leben geben, nicht ’mal genug zu essen haben, und dann Kräffte zum kämpfen haben sollen. Wäre man doch vor diesem schrecklichen Kriege abgegangen, es wäre besser, als daß man auf seine alten Tage das noch erlebt – die Jugend sieht das Alles nicht so an, da ist nur Begeisterung! –
|4| Ich bin sehr erregt, darum lieber Adieu, meine gute Mila und liebe Elise.
Laßt ’mal hören wie es Euch in Tegernsee geht? gehe ich fort, so theile ich es Dir mit, vielleicht komme ich doch!
Mit herzlichsten Grüßen auch an das junge Paar
Deine alte
Clara.
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