23.01.2024

Briefe



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ID: 26851
Geschrieben am: Mittwoch 13.12.1882
 

Frankf. a/m d. 13 Dec. 82
Liebste Emilie,
ich möchte nicht lange in Deiner Schuld bleiben – habe ich doch immer treu Euerer gedacht. Aber, ich darf nur wenig schreiben, weil ich ab und zu concertiere und bei’m Schreiben gleich Schmerzen bekomme.
|2| Von unserem Leben läßt sich nicht viel weiter sagen, als daß wir alle Drei sehr fleißig sind, und daß ich, wie ja immer, in den Arbeiten verschiedenster Art stecke. Die Schumann-Ausgabe beschäfftigt mich fortwährend, und nun ist auch die Rede von einer instructiven Ausgabe der Clavier-Werke Roberts, die ich machen soll – das |3| ist wieder eine neue große Arbeit. Mit unserer Gesundheit geht es so ziemlich – die arme Marie hatte 4 Wochen eine schlimme rechte Hand – ein Geschwur nach dem anderen, so daß sie sie nicht gebrauchen konnte, und noch immer jetzt in der Binde trägt, es wird aber besser. Sie hat viel für die linke Hand studiert, und auch links correspondirt. Wie eine Biene ist |4| sie, immer schaffend, u. immer für Andere. Eugenie geht es leidlich, zart, ist sie ja immer. Ach aber, welche Geduldsprobe für die arme Hedi! – Gott sei Dank daß Du wohl bist, aber, Hedi’s Zustand muß doch für Dich auch recht anstrengend sein – welche Aufgabe! –
Du weißt, daß Scholz von Ostern ab unser Director wird – ich bin sehr froh darüber, er ist ein mir gleich gesinnter Musiker, tüchtig, strebsam, u. ein gebildeter Mann, seine Familie nett ect. ect. |5| Er zeigt mir in Allem volles Vertrauen, und so hat er mich gebeten mich ’mal nach zwei Münchner Clavierspielern zu erkundigen. Wir brauchen nämlich noch einen ernsten tüchtigen Clavierlehrer, einen Künstler vor dem die Schüler Respect haben, und nun sind Bärmann und Bossmeyer dem Scholz vorgeschlagen. Ersterer kommt nämlich von Amerika zurück. Scholz nimmt wohl Keinen, den ich |6| nicht will, denn wir müssen uns doch in etwas, d. h. in der Hauptsache, verstehen. Nun bitte ich Dich, frage Hedi nach den Beiden, und schreibe mir darüber. Ich habe Angst, sie sind beide Wagner und Lisztianer? hast Du mir nicht früher erzählt, daß Bärmann so furchtbar haue? Levi kann ich natürlich nicht über Beide befragen, wenn sie Wagnerianer sind. Laß das aber ganz unter uns, d. h. die Veranlassung. Ich will |7| mich auch noch bei Levi später erkundigen, aber erst möchte ich von anderer Seite hören. Also, liebste Mila, bitte bald um ein Wort, auf Karte kann es sein wenn Du nur– oder doch besser in einem Briefchen, Karte ist riskirt.
Mit Elise Hövemeyer bin ich sehr Deiner Ansicht.
Also Banting Cur, Du Muthige – es gehört wirklich Muth dazu wenn man immer guten Apetit hat – ich fühle mit Dir, liebe, alte Mila!
|8| Grüße die liebe Hedi mit meinen besten Wünschen – möge Das neue Jahr Euch wenigstens in Hedi’s Familie Freude bringen. Euch Allen sende ich die innigsten Wünsche, und umarme Dich in treuer Liebe – im Frühjahr hoffentlich hier bei uns.
Deine
Clara.
Die Kinder grüßen herzlich.
[Umschlag]
Fräulein
Emilie List.
in
München
35 Gartenstrasse.

  Absender: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Absendeort: Frankfurt am Main
  Empfänger: List, Emilie (962)
  Empfangsort: München
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 8
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit der Familie List und anderen Münchner Korrespondenten / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Ekaterina Smyka / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-019-3
670-674

  Standort/Quelle:*) Slg. Cornides 206
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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