Obersalzberg bei Berchtesgaden
Pension Moritz-Meyer,
d. 13 July 1883.
Liebe Emilie,
Gott sey Dank, daß es Hedi so gut geht, die Aermste, nach so vielen Qualen! ich mache mir aber noch Vorwürfe, daß wir ihr am Sonntag noch so viel Unruhe gebracht haben, nachdem sie den ganzen Tag so viel gehabt. Ihr müßt |2| es entschuldigen – Du warst Schuld daran in Deiner liebenswürdigen Gastfreundschaft. Ich hätte sollen meinem ersten Gefühle folgen! Hoffentlich geht Alles gut fort. Wie wird das Mädchen heißen?
Nun zu Deinem uns in Aussicht gestellten Besuche! komme ja nicht, ohne daß wir es vorher wissen und sehen, ob ein Zimmer frey ist. Es ist bis in’s kleinste Loch Alles besetzt, und viele Leute mußten wieder abziehen. |3| Es kommt aber leicht vor, daß ’mal ein Zimmer einige Tage leer ist, und dann hoffe ich doch Dich hier haben zu können. Es ist gut hier, aber doch entsetzlich theuer, die Kost ohne Wohnung täglich 6 M. a Person. Dafür ist sie nicht gut genug.
Also, liebste Mila, theile mir einige Tage vor Deinem Kommen den Tag mit, u. eine sichere Adresse, damit ich Dir antworte, wie es steht. ┌auch wegen des Wagens anordne, der Dich v. B. heraufholt –┐ ┌es ist noch 1 1/4 Stunde bergauf. ┐ Gar zu sehr wünsche ich Dich hierher! –
|4| An Hedi herzlichstes auch an Herrn Oldenb. vor allem Dir das Beste von
Deiner alten
Clara.
P. S. Die Kinder blieben in München kürzer als ich geglaubt, daher konnten sie über wenig Zeit gebieten, denn sie brauchten nach der Nachtreise auch einige Stunden Schlaf <–> am Tage.
Verzeihe die Flucht!
[Umschlag]
Fräulein
Emilie List.
in
München.
35 Gartenstraße.
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