Frankfurt d 9. Okt. 84.
Liebste Emilie!
Das waren ja keine guten Nachrichten die ich von Dir erhalten und thut es mir schrecklich leid daß Du wieder so viel Unangenehmes durchgemacht. Möchte doch die letzte Zeit in Tegernsee Dir noch etwas Erquickung bringen. Wir sind hier nun schon wieder ganz eingelebt und tüchtig in der Arbeit drinen.
Für Deinen Geburtstagsgruß herzlichen Dank. Wir verbrachten den 13t am Königssee, wo wir die letzten 14 Tage mit meiner |3| Schwester Bargiel zusammen waren, es war reizend dort und besonders gemüthlich war uns der Verkehr mit Herzogenbergs, die sich dort ein Sommerhaus gebaut haben.
Wegen einer Gesellschafterin für Dich habe ich schon viel nachgedacht, es ist aber gar nicht leicht eine solche Persönlichkeit, wie Du sie wünscht [sic] zu finden. Du hast mir aber nicht geschrieben ob Du sie allein für Dich oder auch zur Gesellschaft für Elise mit haben willst? Darüber könntest Du mir noch ein Wort sagen. Würde Dir eine Anonce in der Allgemeinen |2| nicht schneller zum Ziele verhelfen? Du mußt sie doch auch erst kennen lernen.
Heute ist auch das Töchterchen von meinem Ferdinand, das wir versuchsweise mal zu uns nehmen, angekommen. Ihm geht es besser aber doch noch nicht gut. – So weißt Du denn das Hauptsächliche von uns und ich sage Dir für heute Adieu. Laß mich bald wieder von Euch hören, und, wenn ihr wieder in München seid. Ich habe Levi versprochen diesen Winter, nach Weihnachten in München zu spielen. |4| Vielleicht vereinigen wir es im April mit einer Reise nach Florenz wenn ich nicht nach England gehe, von wo ich wieder dringend eingeladen bin. So gerne ich wieder nach London ginge so glaube ich doch kaum daß ich es noch einmal thue; es war das letzte Mal so brillant, die Aufnahme so herzlich, daß es vielleicht am Besten ist, wenn ich mit dieser Erinnerung dort beschloßen habe.
In treuer Umarmung u. mit herzlichsten Grüßen an Euch Alle Deine
Clara.
Ich muß meinen Arm schonen darum das Dictat.
|