Frankf. d. 2 Mai 1886.◊1
Liebste Emilie
durch meine Abreise von London und die verschiedenen Aufenthalte unterwegs sind mir Eugeniens u. Deine Nachrichten sehr verspätet zugekommen. Hatte ich auch immer Angst, daß die Sache enden würde, so hatte ich es doch nicht so plötzlich vermuthet.– Ich schrieb Dir ja schon früher, daß es mit Frau Kißel schwer sei, gänzlich abrathen konnte ich Euch aber nicht, da ich selbst |2| keine Erfahrung gemacht hatte, und es sehr voreilig gewesen wäre auf bloses Hörensagen Elisen eine pecuniair so gute Stellung auszureden. Du kannst Dir denken wie leid mir die Sache ist und wie gern ich Deinen Wunsch erfülle wenn es möglich ist. Ich habe nämlich vorläufig die Fremdenstube nicht in Ordnung, da ich eine große Umwälzung gemacht, neu dielen ließ u. Anstreicher u. Tapezier darin habe. – Auch ist es sehr wahrscheinlich daß im Laufe des Monates Bendemanns aus Italien zurückkehrend, auf einige Tage zu uns kommen. |3| Ein altes, langjähriges Versprechen, das sie uns gegeben. – Ich erwarte in nächster Woche Nachricht von ihnen u kann erst dann Dir Bestimmtes sagen. Elise bleibt ja bis 15ten Mai u. so wird sich bis dahin, hoffe ich Alles entscheiden.
Deinen Brief fand ich theilweise sehr gut würde ihn aber nicht eher an Frau K. richten, als bis Elise fort ist, sonst hätte sie am Ende noch schlimme Tage dort. – Ich weiß nicht ob es nicht beßer wäre Du ließest Dir Deinen Verdruß nicht so merken, ich glaube nicht, daß Frau K. ein Charackter ist, dem Zurechtweisungen zu Herzen gehen. –
|4| Ich bitte Dich, liebe Emilie, sorge Dich nicht zu sehr ab wegen der Sache, ich glaube kaum, daß irgend einem jungen Mädchen in solchen Verhältnißen, schlimme Erfahrungen erspart bleiben. Es kommt auch einmal wieder beßer. – Es ist nur so schlimm mit den Stellungen überhaupt jetzt, besonders für eine Gesellschafterin, u. vor allem für Jemand, der gar nicht Musik treibt u. lehrt, wonach die Leute immer gleich fragen. –
Ich schreibe Dir wieder so bald ich Dir Bestimmtes mittheilen kann. Ich bin erst gestern Abend zurückgekehrt, habe daher Elisen noch gar nicht gesehen. –
Sei herzlichst gegrüßt von
Deiner alten
Clara.
Ich schicke Dir inliegend D. Brief an Frau K. Habe Einiges ausgestrichen, was mir nicht passend gerade f. Fr. K. schien, – es ließe sich Manches besser sprechen als schreiben.
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