23.01.2024

Briefe



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ID: 26917
Geschrieben am: Montag 01.04.1889
 

Frankfurt a/m. 1/4.
Liebste Emilie!
Ich wollte Dir eigentlich nach Deinem Briefe neulich gleich wieder schreiben, um Dir vor Allem zu sagen, wie herzlich mich die Aussicht freut, Dich im Frühjahr bei uns zu sehen. Kommt diese meine Versicherung auch etwas spät, so wirst Du sie doch glauben.
Ich denke, daß wir den ganzen Juni hier sind. Unsere Abreise haben wir einstweilen auf den 14. April gesetzt, u. zwar gehen wir über Basel |2| fürerst nach Turin, um Marmorito zu besuchen, dann an die Riviera, Anfang Mai nach Florenz. Ueber München kommen wir wohl nicht, denn es wäre ein großer Umweg, da ich doch nur 5 Wochen Zeit habe, muß ich den möglichst directen Weg zurücknehmen. Einstweilen kann ich noch nicht sagen, daß ich mich freue, im Gegentheil, die Furcht vor der Reise überwiegt jetzt noch die Freude. Wie wird man doch unelastisch im Alter!
Nun, diesmal wa-|3|ren Deine Nachrichten doch etwas erfreulicher u. Deine Erkältung wird jetzt auch bei der warmen Witterung weichen. Etwas erschreckt bin ich aber über Deine projectirte Reise mit Elise; ist das nicht ein gewagtes Unternehmen? Natürlich gehst Du doch nicht allein mit ihr. Daß Elise Hövemeier wieder kommt, finde ich eine große Erleichterung für Euch, freilich für sie selbst schwer.
Bei Sommerhoffs geht Alles gut, aber sie leben wie immer, wie die Einsiedler – Elise kann noch gar nicht über |4| ihre Traurigkeit hinweg.
Mit Eugenie machen wir jetzt recht schwere Zeit durch; dies führte aber brieflich zu weit – hätte ich jetzt eine Freundin wie Dich, der ich mein Herz ausschütten könnte, das wäre ein Segen für mich. Marie u. ich haben seit 2 Monaten durch die Fillu so viel gelitten, wie Mancher sein ganzes Lebelang nicht. Hätte ich nicht die Schüler, so wäre ich fortgegangen. Was Einem die Menschen bringen können ist doch viel schwerer zu ertragen, als was der Himmel schickt. Mündlich erzähle ich Dir später das Weitere.
So leb denn wohl, theuerste Mila, wenn Du mir schreibst, thue es nur hierher. Du weißt ja, Briefe verlange ich nicht.
In treuer Umarmung
Deine
alte
Clara.

  Absender: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Absendeort: Frankfurt am Main
  Empfänger: List, Emilie (962)
  Empfangsort: München
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 8
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit der Familie List und anderen Münchner Korrespondenten / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Ekaterina Smyka / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-019-3
794f.

  Standort/Quelle:*) Slg. Cornides 265
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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