Den 29. Abends.
Heut’ endlich ist es mir vergönnt, Dir Liebe mehr zu schreiben, ich fühle mich heute sehr krank, am Vormittag konnte ich kaum gehen, und wie viele Thränen sind heute schon meinen harten Schicksal geflossen! nicht grade über Schumann, nein, der ist in meinen Augen tief gesunken, nun dachte ich überhaupt über alles nach, wie alles so ganz anders wäre wenn ich diesen Mann nicht kennen gelernt hätte, ich wäre dann schon 2 Jahre zu Leipzig bei Dir, meine gute Clara, glücklich verheiratet, mit einen guten Mann, viel besser wie Schumann, o hätte ich diesen Sch. nie kennen gelernt. – –
Ich will in meiner Erzählung weiter fortfahren, höre also: Damals an einen Abend in der Sonne sagte er mir, daß er mich sehr gern hätte, daß er mich liebte hat er grade nicht gesagt, aber er sprach doch von unserer Liebe, Du gingst wieder nach Dresden, und Alles blieb beym Alten, er ging mit spazieren, trug meinen Sonnenschirm, Tuch etc. auf der Promenade und machte mir Cour hernach; ich hätte wirklich ehr an meinen Tod gedacht, als daß mich Schumann so fest an sich binden würde, zwar machte mir großen Schmerz, schon der bloße Gedanke an die Trennung, doch grübelte ich weiter nicht darüber mehr. Könntest Du einmal mein Tagebuch lesen, denn aufgezeichnet darin sind die kleinsten Umstände unserer Liebe, eben so meine Liebe, schriftlich geht es nicht, es würde zu weit führen. Da schrieb mir auf einmal mein Vater, daß er in 3 Wochen käme mich abzuholen, darum änderte sich die Sache bald. Schumann hatte mir schon von der Taufe her einmal bei seinen Weggehen eine Hand im stillen gegeben, er schrieb mir einen Brief am Tauftage, jedoch sehr artig, nichts von Liebe, nur flüchtig angedeutet. Also nach meines Vaters Brief, ging ich doch vorher immer zu Deiner Tante in die französische Stunde und da mußte ich durch die Promenade auf den Kauz, wie Du weißt da lauerte mir Schumann immer auf, begleitete mich oft Stunden lang dadurch, oft im größten Regen und Wetter, Dein Vater hatte einmal einen Gedanken, daß wir doch zusammen sein müßten, da wir einige Zeit so kalt gegen einander wurden, o, die Liebe ist erfinderisch, es fänden sich Freunde die diesen Gedanken Deinen Vater aus den Kopfe schwatzten, nur so viel wisse daß ich Sch. damals unsäglich liebte, mein Leben hätte ich für ihn gegeben, ich konnte nichts anderes thun als an ihm denken, aus jeden Wort sah mich Schumanns Bild so schelmisch lächelnd an, Du kennst ja sein Lächeln, o es ist entzückend! – –