Hochwohlgeborner,
Hochzuverehrender Herr!
Ganz besonderes Vertrauen, durch die größte Hochachtung hervorgerufen, läßt mich es wagen um Ew. Hochwohlgeboren Rath und Beistand zu bitten. Man bedarf dessen doch so oft im Leben und vertraut sich am liebsten dem Manne, zu welchem man sich besonders hingezogen fühlt.
Vor zwei Jahren als ich noch in der Nähe Aachen’s als Musiklehrer beschäftigt, wurde mir das Glück zu Theil, die Bekanntschaft des Herrn Kapellmeisters F. Hiller in Cöln zu machen. Seit Herrn Hiller’s Versetzung nach Paris hatte ich Niemand mehr durch dessen Wohlwollen ich einige Aufmunterung in meinem Beruf finden konnte. Schon vor langer Zeit wollte ich den jetzigen Schritt wagen, aber der Gedanke, zu den vielen derartigen Belästigungen welchen Ew. Hochwohlgeboren gewiß ausgesetzt sind nicht auch beizutragen, hielt mich davon ab. Eine kurze Mittheilung meiner Verhältniße, wird vielleicht ein wenig für jetzt entschuldigen. –
Ein Jahr bereits bin ich in München, besondere Veranlassung, hauptsächlich aber der Gedanke, eine weitere Ausbildung und wo möglich eine Existenz zu finden, führte mich hierher. Da mir von Hause aus keine Mittel zu Gebote stehen, so muß ich mir durch Clavierunterricht <> meinen Unterhalt zu verschaffen suchen, was allerdings (da München wohl ein ganzes Heer Clavierlehrer aufstellen kann) sehr dürftig zugeht.
Die vielen Compositionen welche in neurer Zeit, von bis jetzt weniger bekannten Componisten erschienen sind, veranlaßten auch mich, mit beiliegenden kleinen Compos. bei einigen Verlegern einen Versuch zu machen, vielleicht auch in der Hoffnung meine schlechten Verhältnisse durch ein kleines Honorar zu verbessern. Die hiesigen Musikalienh. verlegen nichts, im günstigen Falle einen Walzer, oder was ähnliches und von den Auswärtigen erhielt ich meine Comp. umgehend mit der Antwort zurück, „man bedaure sehr von einem unbekannten Comp. nichts verlegen zu können.“
|2| Hochverehrter Herr! Nicht die getäuschte Hoffnung in Bezug auf ein Honorar, (ich muß wohl und wollte auch gerne darauf verzichten), aber der Gedanke daß man meine Comp. vielleicht nicht einmal eines Blickes gewürdigt, oder selbe einem tüchtigen Manne gezeicht welcher sich ungünstig darüber geäußert, hat mich in Verlegenheit gebracht. Letzteres kann sehr leicht möglich sein; jedoch einen andern Weg einschlagen, ohne zu wissen, wer mir den jetzigen, als vielleicht den unrichtigen bezeichnet, kann und werde ich nicht. –
Ew. Hochwohlgeboren können mit wenigen Worten sehr viel wirken und deshalb die ganz ergebene Bitte, beiliegende Compositionen doch gelegentlich einer gütigen Durchsicht zu würdigen; sei das Urtheil auch noch so streng, Ew. Hochwohlgeboren verpflichten mich damit zum größten Dank.
Vertrauungsvoll sieht einer gefälligen Antwort entgegen
Ew. Hochwohlgeboren
ganz ergebenster
J. Heuchemer
München 21/9 52.
Meine Ad: J. H–––
Theresienstraße No 8
in München.
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