23.01.2024

Briefe



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ID: 3132
Geschrieben am: Montag 01.07.1850
 

Verehrter Herr Doctor

Der Grund meines Besuches bei Ihnen war, Sie freundlich zu bitten mir und meiner Schwester ein halbes Stündchen Ihrer kostbaren Zeit schenken zu wollen; im Gefühl großer und ungetheilter Verehrung wünscht sie Ihnen eine Freude zu bereiten und denkt dies – wo möglich – dadurch zu erreichen, daß sie Ihnen Einiges aus meinen eigenen Sachen vorspielen darf. Es thut mir leid von mir reden zu müssen, allein ich füge hinzu, daß außer ihr und einigen Schülern, denen ich dictire, Niemand von meiner stillen Musik Etwas erfahren hat, einige Kleinigkeiten abgerechnet die ich Mendelssohn gezeigt habe oder vielmehr habe zeigen müssen, denn eine gewisse angeborene Schüchternheit und Liebe zum Verborgenen halten mich zurück. Hingegen zu wissen, ob Sie Sich angesprochen fühlen würde mir von unschätzbarem Werthe sein. Mein Leben läßt mir nach einer mühevollen täglichen Arbeit, nur eine kurze Stunde übrig, die ich seit einer Reihe von Jahren einzig und allein der Musik [vor]behalte und mich für manche Entbehrung reich entschädigt fühle. Sie sind mein Bestes was ich habe, sonst würde ich auch nicht erlaubt haben, sie zu einer Freude für Sie verwenden zu wollen. Im Fall Sie geneigt wären uns diese Bitte zu erfüllen, so würde ich wenn ich durch Überbringer dieses die Zeit weiß, welche Ihnen dazu übrig ist, Sie aus Ihrer Wohnung in ein mir sehr befreundetes Haus, wenige Schritte von dem Ihrigen abholen, wo wir allein und ungestört sein könnten. Ihre Frau Gemahlin zu bitten uns zu begleiten, wage ich nicht, ob ich gleich im Voraus weiß, welche Freude sie der Besitzerin jenes Hauses Madame Lampe durch ihre Gegenwart bereiten würde. Mit der Versicherung daß Sie in dem Motiv dieser Zeilen durchaus nicht Eitelkeit sehen dürfen sondern lediglich den Wunsch Ihnen einen kleinen Beweis unserer aufrichtigen Verehrung geben zu wollen,
zeichne ich
hochachtungsvoll
Jul. Klengel
Dr. phil.

Leipzig im Juli 50.

Herrn Doctor Robert Schumann
Wohlgeb.
hier.

[BV-E, Nr. 3969, dat.7 31. Juli 1850:] Jul. Klengel [Versand:] d. U. [beantwortet:] + [Bemerkung:] +

  Absender: Klengel, Wilhelm Julius (833)
  Absendeort: Leipzig
  Empfänger: Schumann, Robert (1455)
  Empfangsort:
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 20
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Korrespondenten in Leipzig 1830 bis 1894 / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Annegret Rosenmüller und Ekaterina Smyka / Dohr / Erschienen: 2019
ISBN: 978-3-86846-030-8
571f.

  Standort/Quelle:*) PL-Kj, Korespondencja Schumanna, Bd. 22 Nr. 3969; Abschrift in D-LEu, s: Nachlass Wilhelm Julius Klengel ; Signatur: NL 253/3/9
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 

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