Berlin 25 November 1853
Hochgeehrtester Herr
Für Ihr freundliches Gedenken bin ich Ihnen von Herzen dankbar. Nach einer, mir durch Freundeshand gewordenen Mittheilung soll Herr Tausch die Düsseldorfer Stelle erhalten. – Glauben Sie, verehrter Herr, daß dennoch meine Meldung irgend eine Aussicht auf Erfolg haben könnte, so will ich es wagen. Das „tout comme chez nous“ wird man in Düsseldorff wie in Berlin und überall sagen müssen; darauf bin ich wohl vorbereitet, doch – treibt’s mich weg. Mir ist, wie einem alten Blumenstock zu Muthe; mit neuer Erde, anderm Topfe denke ich wieder auf eine Zeit fort kommen zu können. Wie oft man sich freilich umsetzen muß und kann, wer weiß es? – Materiell gehts mir gut. Ich habe Alles in Allem 2 000 Rh; ich muß freilich viel Stunden geben. Das Geld machts aber nicht. Wenn ich ein Orchester zu freier disposition bekäme, da wollte ich gern vom Gelde absehen. Alle 4 Wochen gebe ich hier eine Aufführung. – Wenn Sie wüßten, wie schwer Einem das hier gemacht wird! In der ganzen Stadt existirt nur eine Sängerin, die etwa die Peri singen könnte. Diese Sängerin ist am Theater; der Intendant will aber nicht, daß sie anderwärts singe. Man geht an den König. Dieser giebt gern die Erlaubniß. Jetzt giebt der Intendant zwei Tage vor meiner Aufführung 2 große Opern in denen meine Peri sich todt singt. Trotzdem will die Sängerin, entweder aus Freundschaft oder aus andern Gründen, die Aufführung der Peri nicht stören. – Drei Stunden vor der Aufführung sagt sie ab, und da alle Welt kömmt, so giebt man die Peri, mit der schlechtesten doublure. – Sehn Sie, das und Ähnliches treibt mich weg. In Leipzig und Bremen arrangirt sich das mit dem Theater sehr gut; bei uns aber nicht. Aus dem Gelde mache ich mir nichts; ich will gute Musik gut machen.
Für Alles, was Sie für mich thun wollen, danke ich im Voraus.
In wahrer Verehrung –
J Stern
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