Danzig d. 12ten Maerz 49.
Lieber Schumann!
Da der junge v. Bromsard [sic] nach Dresden geht, benutze ich die Gelegenheit, Ihnen und Ihrer Frau einen herzlichen Gruß zu senden!
Alles, was ich hier über diesen jungen Mann gehört, der Ihnen diese Worte überbringt, ist sehr vortheilhaft für ihn. Er hat eben sein Abiturientenexamen auf dem Gymnasium glücklich beseitigt und will sich nun, wie er Ihnen auch geschrieben, ganz der Musik widmen. Sie haben [in] ihm einen Ihrer wärmsten Verehrer, Ihr freundlicher Brief hat ihn sehr beglückt, und er geht jetzt nur in der Absicht nach Dresden, um Sie noch persönlich um Ihren Rath für seine neue Laufbahn zu bitten. Daß es sein größter Wunsch zugleich sein muß, etwas von dem Spiel Ihrer Frau zu hören und sie kennen zu lernen, versteht sich wohl von selbst. Würde meine Frau Gevatterin mit ihrer bekannten Freundlichkeit ihm vielleicht diese große Freude machen? Ich hoffe, wenn ich sie schön drum bitte, thut sie es vielleicht! – Über die musikalischen Fähigkeiten des jungen Bromsard werden Sie natürlich am Besten urtheilen können. Daß er die innigste Liebe zur Kunst zeigt, höre ich hier von allen Seiten. Daß die Genoveva in Leipzig nicht gegeben, – wenigstens für jetzt nicht gegeben werden sollte hörte ich in Berlin schon vom Dr. Haertel aus Leipzig, den ich im Atelier von Cornelius traf. Gebe der Himmel, daß die Zeiten im Herbst der Oper günstiger sein mögen als jetzt! Die politischen Zustände sind leider so wenig erquicklich, daß darüber zu schreiben, mir wenigstens keine Freude macht.
Was mich persönlich betrifft, so lebe ich hier mit meiner Frau im Kreise der Meinen sehr glücklich, und finde, was mir vor Allem lieb ist, auch die zum Arbeiten nöthige Ruhe. Könnten Sie doch mein altes liebes Danzig mit Ihrer Frau selbst einmal sehn. Es ist eine wundervolle Stadt, malerisch an allen Enden und Ecken. Alles, Kirchen und Thore, Rathäuser und Thürme, die Häuser der Patrizier und die Schiffsbuden und Werften, Alles erzählt einem ein lebendiges Epos einer früheren großen bürgerlichen Größe. Und dabei ist doch nichts Ruine sondern Alles in der Architektur und in der Anlage der Stadt ist so lebenskräftig daß unsre Zeit es noch nicht hat übertünchen und überdecken [?] können, der Geist der diese Stadt gebaut hat, wird noch lange fortleben. Möchte er es in den Herzen so thun, wie er es in den Steinen thut.
Und wie leben Sie in unserm schönen Dresden? Allerdings überkommt mich mitunter eine Sehnsucht nach den freien Blicken aus unserm Fenster über Garten und Feld nach den Bergen hin. Hier ist der Frühling noch nicht eingezogen, indeß [kün-] kündigt in diesen Tagen ein warmer [fruchtbarer] barer Regen seinen Einzug an.
Mit ihrem [sic] Album für die Jugend habe ich hier in meinem ganzen Kreise, die größte Freude gemacht. Zur Silberhochzeit meiner Schwester hatte ich ein Märchen geschrieben; fünf lebende Bilder illustrirten das Märchen. Es kamen meist Elfchen, Gnomen und [Nixen] aber auch Goldschmidtskinder etc. etc. drin vor. Da gab Ihr Album nun den köstlichsten Stoff: diese lebenden Illustrationen wieder mit Musik zu beleben, wie man sichs nur wünschen konnte. Meine ganze Familie und wir selber sind ganz glücklich mit dem Buch und eben so mit den Kinderscenen! Nochmals herzliche Grüße an Ihre liebe Frau, an Sie, und an Ludwig von meiner Frau und
Ihrem
R. R.
Herrn Doctor Robert Schumann
in
Dresden
Große Reitbahngaße
No 20 oder 21.
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