Frankfurt a. M. d. 8t August 1850.
Hochverehrter Herr Doktor!
Mit der größten Freude habe ich schon vor Ihrem werthen Schreiben, die günstigsten Berichte über Ihre Oper Genoveva gelesen, d. h. über die Aufführung derselben, denn das Werk selbst ist mir ja zur Genüge bekannt, als daß ich darüber eines weitern öffentlich erschienenen Berichtes bedurft hätte. Verzeihen Sie mir, wenn ich Ihr werthes Schreiben erst heute beantworte, aber meine amtliche Thätigkeit ist derart, daß mir beim besten u redlichsten Willen die Zeit mangelt, meinen angenehmsten Correspondenzen nachzukommen; in diesem speciellen Falle, war ich eigentlich gesonnen, gar nicht zu antworten, sondern abzuwarten, bis zur Zeit Ihres verheißenen Besuches in Frankfurt; da fiel mir aber ein, daß Sie Sich darüber noch nicht ganz bestimmt ausgesprochen hatten, und somit melde ich Ihnen denn schriftlich, daß ich ebenso wie früher von dem lebhaftesten Wunsche beseelt bin, Ihr schönes Werk sobald als möglich zur Aufführung zu bringen; daß es mir aber leider bis jetzt noch nicht geglückt ist, die Zweifel einer Direktion zu besiegen, die ihr Repertoir nur gern aus lauter für die Theatercassa unfehlbaren Treffern zusammensetzen möchte; das genirt mich aber nicht, und ich glaube bestimmt, daß die Oper in diesem Herbst zur Aufführung kommt. Was die Partitur anbetrifft, so möchte ich mit der Absendung derselben warten, bis Sie hier waren, und sie dann in Gemeinschaft mit Ihnen durchgehn, und Sie bitten die nöthigen Abänderungen, von denen Sie sprachen hier zu machen. Sollten Sie aber Ihren Reiseplan <b> aufgegeben haben, so schicke ich Ihnen die Partitur nach Düsseldorf. In der Hoffnung, daß mir die Freude zutheil wird, Sie bald hier begrüssen zu können, verbleibe ich mit der Versicherung
gewohnter Hochachtung
Ihr
Louis Schindelmeisser
[BV-E, Nr. 3973:] Schindelmeisser. [Versand:] fr. [beantwortet:] NB.
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