Frankfurt a/M d. 3 Jan. 54.
Verehrtester Herr!
Ihre freundliche Zuschrift vom 14t v Mts erhielt ich am 17t, die Partitur zwei Tage später von Düsseldorf. Die Zeit war natürlich zu kurz, um noch nach Hamburg zu schreiben, u. das Werk einzustudieren. Zudem kam, daß Therese Milanollo in der Woche vor Weihnacht drei Concerte hier gab, so daß ich den ganzen Plan am ersten Festtag eines zu arrangiren, aufgab. Nicht aufgegeben habe ich aber die Aufführung Ihrer rosigen Pilgerfahrt, die, je näher ich sie kennenlerne mir immer mehr ins Herz hineinwächst, dieselbe vielmehr für das Concert zum Besten des Orchesters am Charfreitag festgesetzt, d. h. wenn Sie mir freundliche Hülfe leisten wollen, daß ich Orchester- u. Singstimmen von Ihnen erhalte. Jedenfalls wird es von besserer Wirkung sein, wenn Sie selbst sich der Mühe unterzihen [sic] Ihre Musik von Hn Barbieri zu reklamiren. |2| Darf ich nun meinen Wunsch, meine Bitte wiederhohlen, uns zu der Zeit, wenn es Ihre Verhältnisse gestatten, durch Ihre persönliche Anwesenheit mit Ihrer verehrten Frau Gemahlin, der ich mich angelegentlichst zu empfehlen bitte, zu erfreuen? Es ist wahr, die gute freie Stadt Frankfurt ist in musikalischer Beziehung ein <>unfreies Stockphilisternest, dem der Zopf ellenlang hinten u. vorne hängt, wo das „Kreuziget u Steiniget sie“ jeder neuen Bewegung entgegenschallt: doch findet sich schon hie u. da ein Fleckchen, wo man eine neue Saat säen kann, wo sie recht frisch aufkeimt. So hat der Tannhäuser schon recht wacker Boden gefaßt, trotz allem Zedergeschrei [sic], trotz allen Verdammungen, die ihm mit Mund u Feder zugeschleudert wurden. Gewiß würde Ihre Anwesenheit, wenn Sie dabei Ihr Werk selbst dirigirten, nur dazu dienen, Ihrer Musik doppelt schnellen u. weiten Eingang zu verschaffen. Lassen Sie mich bald was Angenehmes darüber hören.
Mit freundlichsten Grüßen
Ihr ergeb
Gustav Schmidt.
|