Dresden, am 24. August, 1841.
Verehrtester Herr Doctor!
Theurer und treuer Freund!
Durch gütige Gewährung meiner Bitte haben Ew. Wohlgeb. sich gewiß vollkommen den Dank erworben, den jene heischt, und mit Freuden brin¬ge ich Ihnen denselben hiermit dar.
Um die Ungewißheit hinsichtlich unsres Conto zu heben, erlaube ich mir, Ihr verehrl. Schreiben vom 19. Jan. 1840 hier beizulegen, auf dessen 2ter Seite Sie nur Eine Honorarbestimmung, à 10 rh. pr. Bogen, finden werden. Ich halte es für billig und recht, wenn Sie nach der 3maligen mir gemachten Zusendung (2mal durch Vermittlung des Hrn. Meser, und jetzt unmittelbar) und nach dem früher bestimmten Maßstabe einerseits, andrerseits nach dem Abgedruckten aus meiner Feder, eine Abrechnung anzustellen sich die – freilich nicht angenehme – Mühe geben wollten. Was aber die Zukunft betrifft, in welcher Sie fortzufahren mir so gütig erlauben, so genehmige ich ganz willig und gern Ihre Limitation von 10 auf 8 rh. hinsichtlich dessen, was man Aufsätze (nicht Correspondenz) nennen kann; natürlich müssen Sie am besten wissen, wieviel den Mitar¬beitern könne verwilliget werden. Auch würde ich gleich anfangs gegen diesen nunmehrigen Maßstab gar nichts einzuwenden gehabt haben; |2| da jedoch ein anderer von Ihnen selbst bestimmt worden, so können Sie mir es gewiß auch gar nicht übel deuten, wenn ich für das Bisherige ihn im Auge behalten wissen möchte.
Habe ich in der letzten Zeit über die musikalischen Ereignisse Dres¬dens Ihnen nichts geschrieben, so liegt dieß blos in deren geringer Bedeu¬tung. Von einer Abmahnung seiten der Capell-Direction kann aber keine Rede seyn; diese hat mir ja auch gar nichts zu befehlen, da ich ganz auf mich selbst allein dastehe, auch in keiner Weise Rücksichten zu nehmen brauche. Was ich denke und vor der Wahrheit verantworten zu können glaube, das sage ich, lasse mich auch durch eine so gänzlich unmotivirte Bemerkung, wie eine solche vor 1/4 Jahre in Th. Hells (nunmehr Capell-Vicedirectors) Zeitschriften-Musterung kam, nicht abwendig machen. Er belobte dort meine Freihmüthigkeit, setzte jedoch hinzu: ich könnte mich doch wohl mehr um gerade obwaltende Umstände und Beweggrün¬de bekümmern. Aber das finde ich eben gar nicht für nöthig, und wer es thut, dem wird es wohl meist in eine Mantelhängerei nach dem Winde aus¬schlagen. Es ging – um dieses Beispiel fest zu halten – Winklers Bemer¬kung auf meine, in des ganzen musikalischen Publicums Namen geäusser¬te Verwunderung darüber, daß die Capelle am Säcularfeste und Säcular¬sonntage von Naumanns Geburt ganz und gar nichts darauf Bezügliches that. Was soll man denn nun hier groß und breit erst nach den obwalten¬den „Beweggründen“ |3| fragen? Sie mögen seyn, welche sie wollen: es wird in unserer jubiläumslustigen Zeit allemal wunderlich bleiben, daß so gänzlich nichts damals geschah. Hätte ich wollen aus den Schranken der Artigkeit treten, so hätte ich von den eigentlichen Beweggründen gar wohl schreiben können; Herr R. darf nicht glauben, daß diese dem Publicum unbekannt seyen. Aber gerade dann hätte ich meine Befugniß überschrit¬ten. Der Berichterstatter hat sich lediglich um die facta zu bekümmern, und von allen etwa möglichen Beweggründen u. dergl. m. zu schweigen; sonst wird er zwischen den beiden Klippen der Liebedienerei (die hier durch den Winkler-Tieck-Hase-Wachsmann-Trautschold-u.s.w.ischen Clubbismus so fest gewurzelt ist) und des Rellstabismus nicht ganzbei¬nig hindurch kommen. Meine Besorgniß in dieser Beziehung ist auch so groß, daß ich es vermeide, mit Th. Hell (obwohl ich ihm manchmal etwas in die Abendzeitung liefere) und mit Reissiger (obwohl wir Schul¬cameraden zusammen sind) in nähern persönlichen Umgang zu kommen; denn dann, das weiß ich wohl, wird es sehr schwer, sich aller Rücksichten zu entschlagen. Jetzt geht das Gerücht; Lüttichau werde resigniren, und Winkler zum wirklichen Capell- und Theater-Director erhoben werden, was mir jedoch noch nicht recht glaublich vorkommt. Im Augenblicke wird nichts so sehr besprochen, als Moriani’s Auftreten in der Kirche, und deßhalb möchte ich auch bitten, das Beikommende |4| wo möglich (wenn auch nicht gerade in extenso) zum Drucke zu befördern, dafür jedoch aus diesem Schreiben hier nichts paßt. Dieses ist blos ein Begleit¬schreiben, welches zugleich die Versicherung der herzlichsten Ergebenheit leisten, mit welcher ich verbleibe
Ew. Wohlgeboren
gehorsamer
Albert Schiffner.
Ich brauche wohl nicht erst zu erinnern, daß mir an Rücksendung Ihres werthen Briefes sehr gelegen ist; ich hebe mir nun einmal alle mir liebe Briefe gern auf.
d. O.