Donnerstag den 12ten Januar 1843.
Lieber Freund!
Ihnen herzlich für Übersendung von Stimmen und Partitur, so wie für Ihren commentirenden Brief vom 10ten dankend, beeile ich mich, Sie zu benachrichtigen, daß ich, bei dem augenblicklich ungünstigen Zustande des Theaterrepertoirs, das mir keine genügende Zeit zum Probiren Ihrer Sinfonie läßt, mich genöthigt sehe, die Aufführung derselben auf den zweiten Cyclus zu verschieben. Da Henning die erste Soirée darin dirigirt, u mich die zweite trifft, so würde sich demnach die Aufführung um 4 Wochen verschieben, bis in die zweite Hälfte des Februars. Mit der Schubertschen Sinfonie ist es mir auch so gegangen. Aus gleichem Grunde mußte ich die Aufführung von der 2ten Soirée 4 Wochen verschieben auf die 4te. Wenn ich es mir recht überlege, u. mir es an und für sich für den Erfolg Ihres Werkes günstiger scheint, daß dieselbe im zweiten Cyclus im Februar gemacht wird, so habe ich doch nun auch Zeit, die gute Aufführung der Sinfonie vorzubereiten, u. denke, daß Sie mir mehr für das Aufschieben auf bequemeres Studium [derselben] danken werden, als wenn ich ein Werk so delicater Construction wie das Ihre, übers Knie breche. Freilich müssen Sie mir die Partitur nun noch solange lassen. Im schlimmsten Falle, wenn Sie dieselbe brauchten, müßte ich sie schon jetzt schicken, u. Sie mir sie zur Zeit zurückschicken. Doch hoffe ich das nicht. Ihre Andeutungen sollen mir nützlich sein. Gerathe ich noch über Einiges in Zweifel, so frage ich wieder an. Doch glaube ich Sie zu verstehn. Die Sinfonie gefällt mir sehr, u. wird auch allgemeiner gefallen. Was mir noch fremd beim lesen erscheint, wird sich im Klingen anders gestalten. Doch gestehe ich selbst, daß die Ausführung ihre Schwierigkeiten hat, wenn sonst der poetische Hauch des Ganzen nicht verweht werden soll. Um so weniger hätte ich es wagen dürfen, diesmal das Werk mit einer Probe zu geben, wie ich es hätte thun müssen. Sie als Autor, wie ich als Vertreter sind beide zu sehr an dem Erfolg betheiligt. Doch sein Sie gewiß, daß ich mir alle Mühe geben, u. das Werk, als ob es von mir sei, behandeln werde. Eine Frage – sollte das larghetto mit Sordinen nicht von Wirkung sein, worauf [der Eintritt des] des [sic] Scherzo sich feuriger u. kräftiger absetzen würde? Ich freue mich Ihrer Gütigkeit und Fruchtbarkeit. Voigt hat mir viel von Ihrem Quintett geschrieben. Ich bin recht begierig darauf, und freue mich es zu spielen. Herzliche Grüße an Ihr Clärchen. Und baldigst mehr. Nocheinmal die Versicherung, daß es an meiner Fürsorge für die gute Aufführung der Sinfonie nicht fehlen soll. Mit Gruß
Ihr
W. Taubert.
Hausvoigteiplatz 11.
H. Dr. Robert Schumann.
Wohlgeb.
zu
Leipzig
frei.
[BV-E, Nr. 2476]
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