23.01.2024

Briefe



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ID: 5147
Geschrieben am: Donnerstag 10.02.1842
 

Hamburg den 10ten Febr 1842.
Geehrter Herr Doctor!
Eine große Freude hat uns Allen Ihre Zusage für unser drittes phylharm. Conzert am 5ten März gemacht, ich wünsche sehnlichst, daß Ihnen der Aufenthalt hier bei uns zusage. –
Könnten Sie uns die Partitur Ihrer Symphonie nicht recht bald schicken, je ehe, je lieber, wir denken sie recht bald einzustudiren, sollten Sie besondere Bemerkungen dabei haben, so lassen Sie es uns gefälligst wissen. Die Orchesterstimmen besitzen wir bereits. – Werden Sie Ihre Symphonie selbst dirigiren? – Wir wünschten es, wenn es Sie nicht genirte, stellen es aber ganz Ihrem Willen anheim. – Sie werden ja wohl einige Tage vor dem Conzert hier eintreffen, lassen Sie mich in der Zeit recht genau den Tag Ihrer Ankunft wissen. –
Unsere Absicht ist, am 5ten März außer Iher Symphonie keine 2te aufzuführen, da die Ausführung zweier Symphonieen bei uns immer nur zu den Ausnahmen gehört. – Sollten Sie es aber wünschen, so läßt es sich am Ende noch arrangiren, unsere Absicht war Cherubinis Ouvertüre zum Wasserträger aufzuführen.
Am Sonnabend haben wir unser zweites Conzert, es werden darinn nur 2 Symphonieen aufgeführt, Beethovens 8te aus F und Mendelsohns Symphonie Cantate, die Sie ja kennen, da er sie so viel ich weiß zur Säcularfeier der Buchdruckerei schrieb u in Leipzig aufführte. Ich freue mich sehr dazu, ich weiß nicht leicht eine Composition von solchem großen Effeckt, wie das Finale mit den Chören daraus, es ist ein wahres Meisterwerk, mir fast das liebste von Mendelsohn. Auch der erste Satz der Symphonie ist herrlich u groß, weniger sagen mir aber das Allegretto 6/8 Tackt und das Adagio zu, in denen ich eine gewisse Breite vermisse, ein gewisses Etwas, was der Symphonie so ausschließlich angehören muß, daher mir jene beiden Sätze mehr dem Quartettstyl anzugehören scheinen, doch habe ich sie erst 2 mal gehört, hoffentlich ändert sich mein Urtheil beim mehrmaligen Anhören noch.
|2| Ich freue mich so über den Mendelsohn, er ist der nobelste Aristokrat in der Musik, er kann nie etwas unedles schreiben, er ist riesengroß in der Beherrschung der Form und das besonders ist’s was mich in unserer Zeit so an ihm freut.
Unsere Zeit wendet sich zu sehr der Zukunft zu u erwartet von ihr eine Neugeburt in der Musik, – mir ist’s oft, als müßte ich den Kopf dazu schütteln, – ich bin wahrlich kein Feind des Neuen aber es muß auf seinem Haupt den Seegen der Alten tragen, aus seinem Herzen muß uns der Ruf der alten Meister entgegenjauchzen – das ist Fleisch von meinem Fleisch u Bein von meinem Bein. Und mir erscheint in diesem Sinn der Mendelsohn wie ein treuer Wächter auf der höchsten Zinne der Musik! –
Ich freue mich so sehr auf Ihr u Ihrs lieben Weibes Kommen, gewiß sie hat Ihnen die Wahrheit gesagt, daß ich vielen Antheil an Sie Beide nahm und stets nehme. –
Grüßen Sie Ihre Frau recht herzlich von mir. Frln Parish trug mir auf Ihnen beiden recht freundliche Grüße zu senden, sie ist eine sehr genaue Bekannte Ihrer Frau und freut sich so auf Ihr Kommen.
Haben Sie Sich schon bestimmt über das, was Ihre Frau spielen wird? – Ich bin sehr gespannt auf Ihre Symphonie für die ich aus Ihren anderen Werken ein sehr günstiges Vorurtheil hege. –
Sie herzlich grüßend Hochachtungsvoll
Theod. Avé Lallemant.
|4| Sr Wohlgeb.
Herrn Doctor R. Schumann.
berühmter Componist
in
Leipzig.
frco

  Absender: Avé-Lallemant, Theodor (121)
  Absendeort: Hamburg
  Empfänger: Schumann, Robert (1455)
  Empfangsort: Leipzig
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 24
Robert und Clara Schumann im Briefwechsel mit Korrespondenten in Norddeutschland / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Michael Heinemann, Anselm Eber, Jelena Josic, Thomas Synofzik, Ute Scholz und Arend Christiaan Clement / Dohr / Erschienen: 2025
ISBN: 978-3-86846-034-6
80-83

  Standort/Quelle:*) PL-Kj, Korespondencja Schumanna, Bd. 13 Nr. 2184
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 

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