Wien, 12ten März, 1840.
Hochwohlgeborner,
Sehr geehrter Herr und Freund!
Ich erlaube mir, Ihnen zur gefälligen Aufnahme die Beurtheilung einer handschriftlichen Mappe zuzumitteln, wobei ich auch meine individuellen Ansichten über das gegenseitige Verhältniß älterer u. neuerer Kirchenmusik auszusprechen versuchte. Der jugendliche Verfasser, welcher, nachdem er unter Sechter den contrapunctischen Lehrcurs absolvirt, zur höheren Ausbildung meiner Leitung anvertraut wurde, |: weßhalb ich denn auch obigen Aufsatz nicht mit meinen [sic] Namen unterfertigen kann, :| besitzt in der That ein so seltenes Talent, einen noch selteneren Fleiß, u. hat eine, im solchen Alter gewiß allerseltenste Richtung zum ernsten Style eingeschlagen, daß es gewissermassen Pflicht wird, demselben nach bestmöglichsten Kräften den dornevollen Weg zur Oeffentlichkeit zu bahnen. Lassen Sie mich daher keine Fehlbitte thun, u. reichen Sie mir brüderlich die Hand zum verdienstlichen Beginnen. – Bei dieser Gelegenheit erneuere ich zugleich das frühere Gesuch, jener, bereits vor mehreren Monate [sic] eingesendeten, kurzen Anzeige der Gottf. Rieger’schen „Generalbaßlehre“ – ebenfalls ein kleines Plätzchen zu gönnen. Ich habe dem würdigen, silberhaarigen Greise mein Wort darauf gegeben, u. möchte bei dem lieben, alten Kunstgenossen nicht gerne zu Schanden stehen. –
Der Aufsatz: „Meditationen eines Nicht-Professionisten“ etc. etc. liegt Ihrer Entscheidung vor, ob Sie dessen Inhalt u. Tendenz zweckmäßig erfinden; wiedrigenfalls mag er gelegentlich Retour gehen. Sollte durchaus zu meinen Beiträgen eine Unterfertigung erforderlich, u. die Buchstaben-Triologie: F. S. D. nicht hinreichend seyn, so belieben |2| Sie mir selbst irgend eine Chiffer zu geben, allenfalls, wie beyspielshalber, das pseudonyme: „Gottschalk Wedel“, u. s. w. – – Jetzt noch eine Angelegenheit. – Obwohl ich <> stets des geschätzten Erzählers Lyser’s Künstler-Novellen mit wahrem Vergnügen lese, so hat mich doch dessen letztere, Johann Schenk, schon aus dem Grunde weniger befriedigt, weil selbe fast durchweg auf falschen Angaben, u. historischen Irrthümern beruht, welche jedenfalls, wenigstens dem Andenken des verewigten Kunstgenossen zu Liebe, einer pragmatisch documentirten Berichtigung bedürfen. Eine solche habe ich – im Besitze der eigenhändig notirten, biographischen, für das „Universal-Lexicon“ benützten Lebens-Daten des vieljährigen Freundes – nunmehr unter der Feder, u. frage vorläufig an, ob Sie vielleicht geneigt wären, jene Glossarien – nehmlich eine, ohne der geringsten Anymosität wahrheitsgemäße Darlegung des Thatbestandes, – in Ihre Blätter einzurücken. Mir bedünkt, der schicklichste Platz, seinen Fehler zu bekennen, wäre immerdar derselbe, von wo die Verunstaltung ausgieng. – Beglücken Sie mich doch nächstens mit ein paar Zeilen, welche mich über Ihre Willensmeinung verständigen, indem ich sonst anderwärtig damit verfügen müßte. – Für heute aber genug geplaudert, u. beinahe fürchte ich, zum strafbaren Räuber Ihrer so überaus kostbaren Zeit geworden zu seyn. – Also! nichts für ungut, u. – wie bisher, auch fortwährend noch freundschaftliche Nachsicht, u. gütiges Wohlwollen
Ihrem
treu ergebensten Verehrer
Seyfried
MPria
NSch. In der Gewißheit Ihrer collegialischen Theilnahme füge ich noch bei, daß mir die hohe Auszeichnung geworden, von Sr Maj. dem Könige von Preußen die goldene Verdienst-Medaille, begleitet von einem allerhöchst eigenhändig signirten Kabinetsschreiben, zugesendet erhalten zu haben. –