23.01.2024

Briefe



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ID: 5430
Geschrieben am: Donnerstag 10.03.1842
 

P. T.
Herr Redacteur!
Erlauben Sie einem fleißigen Leser Ihrer Neuen Zeitschrift für Musik Ihnen einige Mittheilungen hiermit zu übersenden, die ich Sie durch Ihre sehr verbreitete Zeitschrift der Oeffentlichkeit übergeben bitte.
Der als Pianovirtuose und Tonkünstler bekannte Georg Micheuz, zwei Jahre lang durch Mißgeschick vom öffentlichen Auftreten gehindert, ließ sich den 11ten Februar vor dem Pesther Publikum zum ersten Male hören. Ohne allem Rufe hieher kommend trug er den reichlichsten Beifall aller seiner Zuhörer davon. Micheuz kann unpartheiisch unter die Zahl der vorzüglichsten Künstler der Vergangenheit und Gegenwart gezählt werden. Begabt mit lebhafter und sehr geregelter Phantasie, technisch auch in hohem Grade seines Instrumentes mächtig, unerschöpflich an Erfindung, und in’s kleinlichste höchste originel, wählte er zu seinem Concerte |2| wo er alle Begleitungsbeihülfe beseitigte, sechs seiner meisterhaften Compositionen, die er mit seltenem Erfolge ausführte; daß er der hier unbekannte, beim Eintritt in den Concert-Saal kalt aufgenommene Künstler ein stürmischen Beifall fand, und nach geendigten Piècen nach wiederholten Malen zu spielen stürmisch gefodert ward, wo er auch so unvorbereitet zwei seiner meisterhaften Fugen vortrug, die auch des größten Beifalls gewürdigt wurden. – Glück dem unermüdeten und nach steter Vollkommnung strebenden Künstler, der, wenn kein Mißgeschick ihn nicht wieder in seiner Künstlerbahn hemmt, nicht nur als Pianoheld, sondern vorzüglich als meisterhafter Tonsetzer den Sieg über die Vergänglichkeit der Zeit <davon> erringen wird. P_n.
Ich hatte auch Gelegenheit gehabt ihn in Privatzirkeln zu hören, mit Vergnügen erinnerte ich mich eines Urtheils das P. T. Herr Redacteur in einer Nummer des Jahres 1839 über ihn gefällt haben; und sehr richtig, denn „Adle |3| man ihn, hänge ihm ein Orden an, schicke ihn nach Paris und London, und er wird mit Lorbeeren bekränzt zurückkommen.“ Den Compositionen, die ihm manchmal gute Laune eingeben kommt bis jetzt gekanntes wenig gleich, seine Fugen besitzen mehr Melodie und sind meisterhafter als die Fugen von Bach, an Bravour steht er auch in <v> geringerer Fertigkeit Liszt nach; seine melodischen Piècen können sich immer mit Thalbergs Compositionen messen, seine étuden geben Chopins étuden nichts nach; und doch ist nicht dieser Männer Geschick auch das seinige. Alle Zeitungen sprechen sich vortrefflich über ihn aus, besonders rühmlich ist die recension des Ungarischen Modeblattes Regélő Nro 14. Allgemein wird er gelobt, aber ein Gönner fand er doch nicht, außer vielleicht einige arme Mitkünstler, die ihm in materieller Hinsicht nicht helfen können. Und doch ist nur zu wahr, daß ohne Maecenaten keine Ciceronen gibt.
In der Versicherung daß Sie P. T. Herr Redacteur dieselben Gefühle für ihn hegen bitte ich Sie durch meine Recension ihn der Öffentlich-|4|keit zu empfehlen.
Wenn Sie meine Zeilen gern annehmen so werde ich mit Vergnügen alles Merkwürdige in der Kunst Ihnen mitzutheilen bereit sein. Zeichnend Hochachtungsvoll
Aloys Panian pp.
Pesth d 10ten März 1839

  Absender: Panian, Aloys (337)
  Absendeort: Pest
  Empfänger: Schumann, Robert (1455)
  Empfangsort: Leipzig
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 27
Robert und Clara Schumann im Briefwechsel mit Korrespondenten in Österreich, Ungarn und Böhmen / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Klaus Martin Kopitz, Michael Heinemann, Anselm Eber, Jelena Josic, Carlos Lozano Fernandez und Thomas Synofzik / Verlag Christoph Dohr Köln / Erschienen: 2023
ISBN: 978-3-86846-052-0
1064f.

  Standort/Quelle:*) PL-Kj, Korespondencja Schumanna, Bd. 13 Nr. 2211
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 

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